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Muss man auch noch schieben, das Ding. Die Deutschen suchten die Schuld nach dem Debakel im Zweier-Bob beim Gefährt.

© dpa

Deutsches Bob-Debakel: Praxis beschimpft Theorie

Nach dem Debakel der Deutschen im Zweier-Bob streiten Piloten, Trainer und die Materialschmiede FES, wer die Schuld an den langsamen Schlitten trägt.

Im deutschen Boblager brodelt es. Schuldzuweisungen und Fahrfehler der Piloten belasten vor den letzten beiden Olympia-Entscheidungen die allgemeine Stimmung. Die jahrelangen Querelen bei der Zusammenarbeit zwischen Cheftrainer Christoph Langen und der staatlich geförderten Materialschmiede FES wurden nach dem historischen Olympia-Debakel im Zweierbob ungewollt offengelegt. „Das FES schimpft über uns, wir über die auch. Da gibt es eben mal Streitigkeiten“, sagt Langen. „Wir sind die Praxis, sie sehen die Theorie. Doch dann geht es wieder weiter, wir kämpfen alle um das gleiche Ziel.“

Francesco Friedrich kam beim Olympiasieg des Russen Alexander Subkow nur auf Platz acht – das schlechteste deutsche Resultat seit 1956. FES-Direktor Harald Schaale hatte das Desaster kommen sehen. „Wir sind nicht zufrieden, die Betonung liegt auf ’wir’. Die Bob-Projekte stehen unter Führung des Verbandes, wir hätten einige Dinge anders gemacht“, sagte Schaale. „Jeder muss seine eigene Einstellung überprüfen und sich fragen, ob er wirklich alles für das Projekt getan hat.“ Immerhin verbuchten die Deutschen im Bobsport auch dank FES-Sportgeräten schon elf Olympiasiege. Beim FES will man ansonsten zu den Vorwürfen der Bob-Piloten nicht konkret Stellung nehmen. Der Deutsche Bob- und Schlittenverband ist seit Jahrzehnten Kunde beim Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES). „Es läuft immer gleich ab. Man setzt sich zusammen, entwickelt, testet, und dann gibt es von den Sportlern Verbesserungsvorschläge“, sagt ein Mitarbeiter auf Nachfrage. Auch Bundestrainer Langen sei stark in diese Arbeit einbezogen. Auch beim nun so kritisierten Bob, der durch Regeländerung allerdings deutlich verändert werden musste.

Die Regeländerung beinhaltete, dass die Aufhängung der Nase des Bobs vom Rahmen hin zur Haube verändert werden musste, was natürlich nicht nur für die Deutschen galt. Die Regeländerung allein kann also nicht der Grund für das schlechte Abschneiden der Deutschen sein. Langen wirft dem FES vor, den neuen Bob zu spät geliefert zu haben. „Der Zweierbob war nicht da, als wir ihn angefordert hatten. Er kam erst im Oktober, das war zu spät“, sagte Langen.

Die Piloten bekommen die von Vorwürfen geprägte Zusammenarbeit im Trainingsalltag mit. „Ich denke, dass die Kommunikation zwischen Verband und FES einfach besser werden muss, da sind zu viele Streitigkeiten gewesen, einer hat es auf den anderen geschoben“, sagt Weltmeister Maximilian Arndt. Die harte Kritik der Sportler am Bob kann man beim FES nicht nachvollziehen. Die Sportler hätten immer die Möglichkeit gehabt, das Vorgängermodell zu nehmen. Mit diesem Bob war Francesco Friedrich 2013 in St. Moritz Weltmeister geworden.

Thomas Schwab, Sportdirektor des deutschen Bob- und Schlittenverbands, will nun zwischen beiden Lagern vermitteln. „Jetzt ist der Punkt, wo einfach das Miteinander ganz, ganz wichtig ist, das haben beide Seiten erkannt“, betonte Schwab. Eine Kündigung des FES-Vertrags ist für ihn kein Thema. (mit dpa)

Julian Bergemann

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