zum Hauptinhalt
327600_0_fde1f521.jpg

© ddp

DFB: Zwanziger zeigt seltene Offenheit

Theo Zwanziger bleibt DFB-Präsident, Schiedsrichterwesen soll reformiert werden.

Weißer Rauch stieg auf vor dem Hermann-Neuberger-Haus. Gerhard Mayer-Vorfelder hatte sich vor der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) eine Zigarette angezündet, drinnen war gerade die brisante Präsidiumssitzung zu Ende gegangen. Der Qualm der Zigarette des DFB-Ehrenpräsidenten konnte durchaus als Symbol für eine friedliche Beschlussfindung im Sitzungssaal nach sehr intensiven Debatten stehen.

Die wichtigste Nachricht war, dass Theo Zwanziger weiter DFB-Präsident bleibt. Zuvor hatte der 64-Jährige nach heftiger Kritik an seiner Amtsführung im Schiedsrichter-Skandal ernsthaft an einen Rücktritts gedacht. „Papa, Theo alleine gegen den Rest der Welt, das geht nicht.“ Diesen Satz hatte er sich, wie er berichtete, von seinen Söhnen anhören müssen. Während der Sitzung gestern wurde Zwanziger dann unmissverständlich vorgetragen, dass sein Krisenmanagement in der Affäre um den Schiedsrichter-Funktionär Manfred Amerell und den Liga-Unparteiischen Michael Kempter kritikwürdig gewesen sei. „Es war bemerkenswert, wie er es ertragen hat. Wir haben alles in seltener Offenheit angesprochen“, sagte Ligachef Reinhard Rauball. Mit dem Eingeständnis seiner Fehler gewann Zwanziger aber die Solidarität und Loyalität der anderen 18 Präsidiumsmitglieder. „Ich habe von niemandem gehört, es ist besser, auf diesen Theo Zwanziger zu verzichten“, erklärte der DFB-Präsident am Abend. Er fühlte sich gestärkt – und versprach sich zu ändern. „Weniger Macht ist gut, weniger Öffentlichkeit ist gut, mehr Delegieren ist gut“, sagte Zwanziger zu seinem künftigen Handeln.

Die Affäre um Amerell und Kempter ist allerdings noch keineswegs beendet. Amerell will jene Schiedsrichter verklagen, die ihn nach den Beschuldigungen von Kempter ebenfalls der sexuellen Belästigung bezichtigten. „Der Vorgang ist für mich absolut abgeschlossen“, sagte Zwanziger zunächst. Doch falls Amerell weiter „Gott und die Welt angreift“, seien juristische Schritte nicht ausgeschlossen. Am 9. April soll in Frankfurt am Main bei einem außerordentlichen Bundestag des DFB eine Reform des Schiedsrichterwesens beschlossen werden. Der ehemalige Fifa-Schiedsrichter Herbert Fandel stellte am Freitag als Kopf einer Kommission zusammen mit den Ex-Schiedsrichtern Lutz-Michael Fröhlich und Hellmut Krug ein neues Konzept vor. Ziel der auf 20 Seiten fixierten Ideen ist es, mehr Transparenz bei der Berufung der Spitzenschiedsrichter und ein verbessertes Bewertungssystem zu schaffen. Schon in Frankfurt und nicht erst beim ordentlichen Bundestag im Oktober soll Volker Roth als Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses durch Fandel abgelöst werden.

Die drei Schiedsrichter, die Manfred Amerell ebenfalls der sexuellen Belästigung beschuldigen beziehungsweise angeben, sie hätten eine solche Belästigung beobachtet, kommen aus dem süddeutschen Raum; ihre Namen sind dem Tagesspiegel bekannt. Einer der Drei hat inzwischen seine Schiedsrichter-Laufbahn beendet. Amerell hat alle drei bei der Staatsanwaltschaft München angezeigt. Einer der Betroffenen erklärte gegenüber dem Tagesspiegel: „Über das Ganze muss jetzt das Gericht entscheiden. Dass Manfred Amerell mich angezeigt hat, ist mir egal.“ Einen weiteren Kommentar lehnte er ab. Der junge Schiedsrichter, der seine Laufbahn beendet hat, erklärte dem Tagesspiegel: „Sie können sich gar nicht vorstellen, in was für einer Situation ich mich befinde. Dieser Druck. Im Gegensatz zu manch anderen in dieser Affäre habe ich noch etwas zu verlieren.“ Weiter wollte er sich nicht äußern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false