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Sport: Dicke Bäuche in London

Die Sorgen des Eisbären-Trainers Pierre Pagé

Von Claus Vetter

London. Pierre Pagé ist ein geduldiger Mensch, nach außen hin. Dem kanadischen Eishockeylehrer eilt der Ruf voraus, dass ihn so schnell nichts aus der Ruhe bringt. Doch hinter verschlossener Kabinentür, bei seinen Spielern, da wird der Trainer des EHC Eisbären schon mal lauter – ein Bild, das von Donnerstag bis Sonntag beim Icehockey Summer Cup in der London Arena recht häufig zu beobachten war. Und nach der Ansprache sah man Pagé auch mal kopfschüttelnd aus dem Kabinentrakt in die weitläufigen Gänge der Arena in den Londoner Docklands flüchten. So etwa beim 0:3 gegen Sparta Prag, als die überforderten Eisbären von den Tschechen nach Belieben über das Eis gescheucht wurden. Schon nach zwei Dritteln hatte der Trainer genug und wohl auch genug gesagt: Wohl zur Abregung verbrachte Pagé einen Großteil der Pause mit verkniffener Miene an einem Kaffeestand. Es folgte am Sonnabend ein mühevoller 4:3-Sieg gegen die international allenfalls drittklassigen London Knights, gestern gewannen die Berliner im Spiel um Platz drei 3:2 nach Penaltyschießen gegen die Hamburg Freezers. Roberts und Leask schossen die Tore, Tomlinson verwandelte den entscheidenden Penalty.

„Vom Papier her haben die Eisbären eine gute Mannschaft“, sagte Andy Murray, der Trainer des NHL-Teams Los Angeles Kings. Ein Kompliment, mit dem Murrays Kollege Pierre Pagé wenig anfangen kann. Noch immer hat er sein Team nicht komplett beisammen, und das denkbar kurz vor Saisonbeginn in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) am 6. September. Zudem sind einige Spieler mit unübersehbaren konditionellen Problemen aus dem Urlaub nach Berlin zurückgekehrt. Zum Beispiel David Cooper. Der Kanadier hat den Großteil der Vorbereitung nicht mitgemacht, ist erst zum Turnier in London zu den Eisbären gestoßen – und hatte sein Äußeres über die Sommermonate ein wenig verändert: Sein Bäuchlein konnte Cooper beim Trip nach London nicht unter einem Pullover kaschieren, schließlich herrschten dort hochsommerliche Temperaturen.

Beim Londoner Turnier war Cooper Stammgast auf der Strafbank und auf dem Eis meist nur Statist – wie sein Verteidigerkollege Ricard Persson. Dabei war der schwedische Nationalspieler doch von Eisbären-Manager Peter John Lee vor zwei Wochen als der „Kracher“ angekündigt worden. Persson hatte die vergangenen drei Jahre in der nordamerikanischen Profiliga NHL gespielt. „Ich war lange nicht mehr auf dem Eis, war verletzt“, sagt der Schwede. „Ich brauche eben noch Zeit.“ Ähnliches könnte Keith Aldridge für sich anführen – wenn er denn überhaupt da wäre. Am Sonnabend bekam seine Frau in den USA ein Kind, erst am 25. August kommt der Amerikaner nach Berlin.

Dass der Kader der Eisbären immer noch nicht komplett ist, macht die Arbeit von Pagé auch nicht unbedingt leichter: Einen Ausländer wollen die Berliner noch verpflichten. Ob es Jan Lipiansky wird, war Sonntag noch nicht klar. Der Slowake spielte beim Turnier in London für die Eisbären, hinterließ aber keinen bleibenden Eindruck. „In zwei Tagen“ will Lee über eine Verpflichtung des Stürmers entschieden haben.

Die Personalie Lipiansky ist nicht die einzige Unwägbarkeit bei den Eisbären. „15 Spiele brauchen wir noch, bis wir da sind, wo wir sein sollen“, sagt ein Spieler, der nicht genannt werde möchte. Zum Einspielen müssen aber zwei Partien gegen Hannover und das Pokalspiel gegen den Zweitligisten Crimmitschau genügen. Immerhin, nach dem Sieg gestern über Hamburg gab es von den englischen Zuschauern kräftigen Applaus. Aber nicht für die Spieler, sondern für die mitgereisten Fans, die in der London Arena für ausgelassene Stimmung gesorgt hatten. Das war aus Berliner Sicht wohl der größte Erfolg der Tage von London.

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