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Sport: Die Autorität des Lehrlings

Männer klopfen sich gerne mal auf die Schultern, wenn sie sich gut verstehen. Sanft natürlich, soll ja nicht weh tun.

Männer klopfen sich gerne mal auf die Schultern, wenn sie sich gut verstehen. Sanft natürlich, soll ja nicht weh tun. Vor einer Woche gewann der 1. FC Union 2:0 gegen Waldhof Mannheim, und Unions Präsident Heiner Bertram hat seinem Trainer Georgi Wassilew nach dem Abpfiff glücklich auf die Schultern geklopft. Wassilew lachte.

Eine nette Szene. Doch sie täuscht.

Zum Thema Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Bertram und Wassilew verstehen sich nicht besonders gut, ihr Verhältnis ist, sagen wir, kollegial. Mehr nicht. Trotz der "guten Aussprache wie unter Freunden", wie Bertram das Krisengespräch zwischen Unions Präsidium und Trainer Wassilew vor einer Woche nannte. Wassilew hatte vom Verein seine zweite Abmahnung bekommen, weil er wiederholt die Ausrüster-Kleiderordnung missachtet hatte. Unions Trainer schaltete daraufhin einen Anwalt ein.

Der sportliche Erfolg ist beim Fußball-Zweitligisten in den Hintergrund gerückt: Union kann heute mit einem Sieg in Schweinfurt enger an die Aufstiegsränge rücken. Klar, dass Wassilew so etwas mehr Spaß macht, als sich mit seinem Vorgesetzten zu streiten. Also sagt Wassilew lieber gar nichts. Dass die Abmahnung in der "Bild"-Zeitung abgedruckt wurde, hat ihm sowieso nicht gepasst.

Präsident Bertram hatte jene Abmahnung mit den Worten begründet, Wassilew solle sich doch einfach an die Spielregeln halten. Worte wie an einen Lehrling: Bertram hat das zwar nicht so gemeint, aber Wassilew war verärgert, denn, mal ehrlich, Unions Trainer müsste die Spielregeln recht gut kennen. Er trainierte die beiden Spitzenklubs in Sofia und war Coach der bulgarischen Nationalmannschaft. Außerdem muss man einem 55-Jährigen nicht mehr das Geschäft erklären. Darunter leidet schließlich seine Autorität in der Öffentlichkeit.

Wassilews Vertrag läuft im Sommer 2003 aus. "Wir wollen uns nicht von unserem Trainer trennen", sagt Unions Manager Klaus Berge. Wassilew will sich nicht mehr äußern. Der Streit habe sich gelegt, sagt Unions Trainer. Aber was passiert, wenn es wieder zu einem Streit kommt? Wassilew liegen Angebote aus dem Ausland vor. Vor einigen Wochen erst wurde er mit der bulgarischen Nationalmannschaft in Verbindung gebracht.

André Görke

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