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Sport: Die Basso-Show

Wie die Italiener mit ihrem Giro-Helden umgehen

Basso heißt eigentlich Kleiner, aber für die heimischen Tifosi, die italienischen Sportfans, ist der 28-Jährige längst der Größte im Radsport. „Niemand ist auf der Höhe von Basso“, steht auf vielen Transparenten an der Giro-Strecke. Der „Gentleman auf dem Rad“, wie ihn die „Gazzetta dello Sport“ nennt, nimmt solche Lobeshymnen gelassen hin. Der schüchterne Kapitän der dänischen CSC-Mannschaft scheut die Öffentlichkeit. Lieber verbringt Ivan Basso Zeit mit Ehefrau Micaela und Töchterchen Domitilla.Souverän beherrscht Basso in diesem Jahr die Konkurrenten Paolo Savoldelli, Damiano Cunego oder Gilberto Simoni. Schon haben ihn die Tifosi zum „neuen Giro-König“ gekürt. Aber Basso ist keine schillernde Figur, er ist ein eher unspektakulär Führender. Darin gleicht er übrigens seinem großen spanischen Vorbild Miguel Indurain.

Seit Marco Pantanis Tod fehlt die große Persönlichkeit, die die Faszination der italienischen Fans für den Radsport wieder wecken könnte. „Basso wie Pantani!“ feuern die Tifosi ihn zwar an. Doch Basso übt auf die Massen nicht die Anziehungskraft eines Pantani aus. Das merkt selbst die „Gazzetta“. Es gibt wenig zu schreiben, sie hat die Berichterstattung über die Rundfahrt auf ein Minimum reduziert. Um das Interesse zu steigern, bräuchte es die großen Duelle der Vergangenheit.

Basso ist kein Angeber. Eher macht er sich schlechter, als er ist. Trotz seines mittlerweile herausgefahrenen Vorsprungs: Von einem Giro-Sieg will er nichts hören. „Die Erfahrung vom Vorjahr hat mich gezeichnet“, sagt er. Dabei ist es das Ziel seines Umfeldes, endlich eine große Rundfahrt zu gewinnen. Basso gilt zwar als kompletter Fahrer, schien aber vom Pech verfolgt. Im letzten Jahr hat er den sicher geglaubten Giro-Sieg auf den letzten Etappen verloren: Eine mysteriöse Darmverstimmung machte ihm so zu schaffen, dass er einbrach. Doch die Karriererückschläge haben den Lombarden nicht aus der Ruhe gebracht. „Ich bin immer derselbe geblieben“, sagt er.

Diesmal will der Tour-Zweite von 2005 Fehler vermeiden. Dabei soll auch sein Sportlicher Direktor Bjarne Riis helfen. Der Däne, der Basso im vergangenen Jahr wieder aufgebaut hat, weicht ihm nicht von der Seite. In der Vergangenheit zeigte Basso Schwächen in den Bergen. Doch seit Riis das Trainingsprogramm umstellte, hat er sich auch auf diesem Terrain erheblich verbessert. Basso weiß, dass er in den Bergen an einem Tag alles verlieren kann. Doch dieses Risiko ist durch seine ausgeglichene Mannschaft gering. So radelt er ruhig und unspektakulär seinem ersten Sieg im Giro d’Italia entgegen: Am Dienstag gewann er souverän die erste schwere Dolomiten-Etappe. Im Ziel hatte er 86 Sekunden Vorsprung auf den Italiener Gilberto Simoni.

Der Amerikaner Lance Armstrong sieht ihn für die Tour de France schon als seinen Nachfolger – vor Jan Ullrich. Ullrich wiederum, dessen Rückstand auf Basso bereits mehr als 34 Minuten beträgt, hofft darauf, dass sich Basso so sehr verausgabt, dass er bei der Tour de France geschwächt an den Start geht. Das könnte sich jedoch für den Deutschen als Trugschluss erweisen. Denn Bassos Saison ist so geplant, dass die Kraft gut noch für die Tour de France reichen soll. „Er kann sowohl den Giro als auch die Tour de France gewinnen“, sagt Bjarne Riis. Mit dem Gewinn des begehrten Doubles wäre Ivan Basso dann endgültig ein Großer.

Vincenzo Delle Donne[Mailand]

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