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Sport: Die Billigvariante

Warum Jörg Herrmann die Reinickendorfer Füchse trainiert

Von Klaus Rocca

Berlin. Er wohnt in Hohenschönhausen, arbeitet in Reinickendorf und trainiert mindestens dreimal in der Woche meist in Charlottenburg. „Das ist eigentlich unzumutbar“, sagt Jörg Herrmann. „Doch wir haben uns nun mal für diese Notvariante entschieden.“ Wir – das sind die Reinickendorfer Füchse. Und die sind gerade in die Zweite Handball-Bundesliga aufgestiegen. Herrmann ist ihr Trainer. Und Spieler. Genauer: Torwart.

Herrmann, und das macht die Belastungen noch größer, ist 43 Jahre alt. Für einen Trainer kein Alter, für einen Spieler schon. Die Notvariante, von der er spricht, drängte sich aus finanziellen Gründen auf. Spielertrainer oder Rückzug, hieß es noch vor Wochen. Einen auswärtigen Trainer zu holen, verbot sich von selbst. „Den hätten wir nie bezahlen können“, sagt Thomas Micheli, Manager der Füchse. Also einigte man sich auf Herrmann, gewissermaßen als Billigvariante.

Billig muss bei den Füchsen, die einst dank des Sponsors Willi Bendzko in der höchsten Klasse und sogar im Europapokal spielten, ohnehin alles sein. Weil der Trikotsponsor kurzfristig absprang, andere weniger hinblätterten. Herrmann und seinen Teamkameraden stellte sich da die Frage: Abstriche bei den finanziellen Forderungen machen oder Verzicht auf die Zweite Bundesliga.

Herrmann hätte ein Startverzicht vielleicht noch am wenigsten geschmerzt. Er hat schon genug erreicht. Für die DDR bestritt er von 1984 bis 1986 immerhin 18 Länderspiele, beim SC Dynamo Berlin war er Spieler und Trainer, mit dem TV Eitra und Blau-Weiß Spandau spielte er in der Bundesliga. „Irgendwann ist demnächst sowieso Schluss. Frau und Kinder wollen schließlich auch mal zu ihrem Recht kommen“, sagt Herrmann. Zumindest Torwart wird er demnächst wohl nicht mehr sein.

Wobei er die Doppelfunktion in der zweithöchsten Spielklasse als „eigentlich nicht mehr machbar“ ansieht. Als Torwart habe man nun mal nur geringe Möglichkeiten, das Angriffsspiel zu beeinflussen. So wird Herrmann nur dann einspringen, wenn Alberto Chamber-Montalvo verletzt oder indisponiert ist. Der ehemalige kubanischer Nationalspieler hütet auch heute zum Zweitligaauftakt bei Eintracht Hildesheim das Tor.

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