zum Hauptinhalt

Sport: Die Grenzen des Hurra-Fußballs

Die bittere Erfahrung des HSV gegen Dortmund

Dortmund - Als Thomas Doll als Nachfolger des entlassenen Klaus Toppmöller seine erste Dienstreise nach Dortmund antrat, fragte der Hörfunkreporter Manfred Breuckmann ein wenig despektierlich: „Dolli? Bislang dachte ich immer, das sei ein geklontes Schaf.“ Den Trainer Thomas Doll hat sich außerhalb Hamburgs kaum einer ernsthaft vorstellen können. Im Gegensatz zum Kollegen Matthias Sammer, über den Ottmar Hitzfeld gesagt hat, er habe schon als Spieler wie ein Trainer gedacht, war Doll keiner aus der Spezies der Strategen. Im Gegenteil: Der Mann aus Mecklenburg galt als Prototyp des Spaßspielers, einer der frisch von der Leber weg agiert, ohne sich großartig Gedanken zu machen.

Längst hat der 38-Jährige alle Skeptiker eines Besseren belehrt. Den HSV führte Doll mit imponierenden zwölf Siegen in 17 Partien vom letzten auf den fünften Tabellenplatz und gab einer verunsicherten Truppe die Begeisterung an ihrem Job zurück. Gegen Dortmund sind die Hamburger mit ihrem Hurrastil allerdings an Grenzen gestoßen. Beim 2:3 am Samstag gegen Borussia Dortmund offenbarte der HSV sowohl seine Stärken als auch seine Unzulänglichkeiten.

In einer fulminanten ersten Hälfte spielten die wie entfesselt anrennenden Hamburger ihre Widersacher förmlich an die Wand, versäumten es jedoch, nach der frühen Dortmunder Führung durch Thomas Rosicky mehr zu schaffen als nur den Ausgleich durch Colin Benjamin. Die Unbedarftheit des HSV zeigte sich in der zweiten Hälfte, „als wir viel zu viele Räume offen gelassen haben“, wie Mittelfeldakteur Stefan Beinlich treffend analysierte. Beinlich selbst hatte den HSV mit einem herrlichen Freistoß 2:1 in Führung geschossen. Doch anstatt den Vorsprung bei nachlassender Kraft intelligent über die Zeit zu bringen, ließen es die Hamburger zu, dass Lars Ricken und Enrique Ewerthon das Spiel noch drehten.

Doll hat die Schwächen seines Teams beobachtet und danach moniert, „dass uns einfach die Cleverness fehlt. Da musst du kompromissloser agieren und den Ball auch mal auf die Tribüne kloppen.“ Die Begeisterungsfähigkeit, mit der Doll den HSV aufgerichtet hat, erwies sich dieses Mal als Manko, weil der kühle Kopf fehlte. Auch Beinlich weiß, dass in dieser Hinsicht Weiterbildungs-Bedarf besteht. Nur mit Hurra-Fußball könne keine Mannschaft bestehen. „Wir müssen uns da peu à peu entwickeln“, sagt Beinlich. Dem Eindruck, dass seine Mannschaft in der ersten Halbzeit überpowert habe, widersprach Doll: „Daran hat es nicht gelegen. Die Mannschaft ist topfit.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false