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Sport: Die kleine Meisterschaft

Fünf Bundesligisten kämpfen noch um den zweiten Platz – mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin - Huub Stevens wusste, was kommt. „Bayern wird Meister. Das habe ich doch schon vor der Saison gesagt“, belehrte der Fußballlehrer aus Holland nach der Winterpause immer wieder alle, die noch davon träumten, in der Bundesliga-Tabelle meisterhaft an den Münchnern vorbeizuziehen. Stevens nannte auch gleich die Gründe, warum selbst der von ihm trainierte Hamburger SV nicht in der Lage sein werde, die Vormachtstellung des FC Bayern zu brechen. „Die haben die beste Mannschaft, sie sind sowohl individuell als auch von der Breite her sehr stark aufgestellt.“ Neun Spieltage vor Schluss eilen die Bayern mit sieben Punkten Vorsprung dem Zweiten, dem HSV, voraus. Wohl uneinholbar. Spannung verspricht in der Liga deshalb nur noch etwas anderes: der Kampf um Platz zwei. Der berechtigt ebenfalls zur direkten Champions-League-Teilnahme und garantiert dadurch schon einmal rund zehn Millionen Euro Einnahme.

Es ist eine kleine Meisterschaft hinter der richtigen, sozusagen. Reelle Chancen, am Ende Zweiter zu werden, haben derzeit noch fünf Mannschaften: Neben dem HSV sind das Bayer Leverkusen, Werder Bremen, der FC Schalke 04 und auch der VfB Stuttgart.

Der noch amtierende Meister hat als Sechster zwar schon fünf Punkte Rückstand auf Hamburg, aber nach anfänglichem Dahindümpeln im Abstiegskampf hat Stuttgart stark aufgeholt. In den letzten sechs Spielen holte der VfB fünf Siege und ein Unentschieden. Stuttgarts Torwart Sven Ulreich frohlockte bereits nach dem jüngsten 4:1 über Hansa Rostock: „Jetzt sind wir oben richtig dran und werden versuchen, weiter anzugreifen.“ Derlei Hoffnungen stützen sich nicht zuletzt auch darauf, dass Stürmer Mario Gomez nach langer Verletzungspause zu alter Torgefährlichkeit zurückgefunden hat und sowohl im Nationaltrikot als auch im Stuttgarter Dress brilliert. Gomez ist mit 15 Treffern hinter Bayerns Luca Toni zweitbester Torjäger der Liga.

Den umgekehrten Weg nahm Werder Bremen. Nach einem starken Start trotz vieler Verletzter holte die Mannschaft von Trainer Thomas Schaaf in der Rückrunde nur noch acht Punkte. Die übliche Bremer Fußball-Beschaulichkeit leidet derzeit heftig unter immer wiederkehrenden Unartigkeiten im Training. Boubacar Sanogo, lange nur für Tore zuständig, war nun schon zum zweiten Mal bei den Übungsstunden mehr als Rohling denn als Torjäger bei der Sache: Erst flogen im Duell mit Carlos Alberto die Fäuste, zuletzt grätschte er brutal gegen Naldo. Stürmer Ivan Klasnic mahnt bereits mehr Disziplin an. „Wenn sich jeder an die eigene Nase packt und noch ein paar Prozente draufgibt, dann werden wir auch als Mannschaft wieder besser aussehen“, sagt Klasnic.

Bayer Leverkusen und der FC Schalke 04 haben wie Werder mit 44 Punkten lediglich zwei Zähler Rückstand auf den HSV. Aber beiden Klubs mangelt es an Konstanz. Schalke ließ auf drei Niederlagen drei Siege folgen. Der letzte – das 2:1 bei Hertha BSC – fiel zwar knapp aus, doch er erfüllt den von Torwart Manuel Neuer definierten Zweck. „Wir konnten weiter Druck auf die Mannschaften aufbauen, die in der Tabelle vor uns liegen“, sagte Neuer. Leverkusens Vorteil liegt darin, dass die Mannschaft mit Werder und Stuttgart noch zwei Rivalen zu Hause empfängt und ansonsten ein relativ leichtes Restprogramm hat.

Das Rennen um die Vizemeisterschaft entwickelt sich – neben dem Abstiegskampf – zur spannendsten Frage der Fußball-Bundesliga. Zumindest Huub Stevens hat für die Verteidigung des lukrativen zweiten Platzes schon die Richtung vorgegeben. Der Trainer der Hamburger, ganz Realist, sagt: „Wir dürfen nicht träumen oder zu locker werden. Aber im Gegenteil dürfen wir auch nicht ängstlich sein. Übermut und Angst sind schlechte Ratgeber.“

Die Konkurrenz wäre schlecht beraten, anders zu denken.

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