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Sport: Die letzte Instanz

Wie der Videobeweis in der Praxis aussehen könnte

Berlin - Jetzt hat auch Theo Zwanziger Stellung bezogen. Der Geschäftsführende Präsident des Deutschen Fußball-Bundes sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, er wolle sich „dem Thema vorurteilsfrei stellen. Man muss auch klüger werden können.“ Befürworter für den Videobeweis, wie Schalkes Trainer Ralf Rangnick oder Rostocks Torhüter Mathias Schober, gibt es viele, und ebenso viele prinzipielle Gegner.

Doch wie könnte der Videobeweis in der Praxis überhaupt aussehen? Die ARD-Sportschau testete beim Spiel Bayern München – Bayer Leverkusen eine Technik, mit der ein Oberschiedsrichter arbeiten könnte. Der Betrachter hat die Möglichkeit, jede Szene aus verschiedenen Kamerapositionen gleichzeitig live zu betrachten, aber auch sofort als Aufzeichnung aus den verschiedenen Aufnahmewinkeln. „Das ist das erste Mal, dass ich etwas sehe, was wirklich hilfreich sein könnte“, sagte der Berliner Schiedsrichter Lutz Michael Fröhlich, als er sich das System gestern zeigen ließ. Bei diesem Szenario soll der Oberschiedsrichter nur eingreifen, wenn er aufgrund der Fernsehbilder binnen weniger Sekunden eine eindeutige Erkenntnis erlangt hat, die von der des Schiedsrichters abweicht. Beim „Schlag“ von Leverkusens Placente in Ballacks Gesicht und dem Elfmeter für Bayern nach dem vermeintlichen Foul von Nowotny an Guerrero hätte Fröhlich aber „eher nicht“ eingegriffen. Der Oberschiedsrichter kann in dem Modell nur auf eigene Initiative tätig werden, er gibt dem Schiedsrichter dann über Funk Anweisungen, die dieser nicht mit ihm diskutieren kann. Ob das zu einem Autoritätsverlust des „Platz-Schiedsrichters“ führen würde, ist schwer abzuschätzen.

Der Wettskandal hat die Diskussionen um den Videobeweis wieder intensiviert. Der beschuldigte Schiedsrichter Jürgen Jansen hat Spielszenen vorgeführt, um sozusagen per Videobeweis seine Unschuld zu dokumentieren. Jansen wollte zeigen, wo er richtig entschieden hat und wo falsch, und wie weit hergeholt es sei, aus diesen Szenen einen Manipulationsverdacht abzuleiten. „Schiedsrichter sind Menschen, die Fehler machen“, sagte Jansen. Diese Fehler und die Diskussionen über die Tatsachenentscheidungen seien aber „die Würze des Fußballs“.

So denken auch diejenigen, die den Videobeweis ablehnen. Der Spielfluss würde zu oft unterbrochen, mit der neuen Instanz würde dem Spiel sogar ein Geheimnis seines Erfolges genommen. „Man darf die Ursprünglichkeit und die Emotionalität des Spiels nicht verändern. Das ist gefährlich“, sagt auch Theo Zwanziger. Im Gegensatz zu den Maßnahmen infolge des Wettskandals wie dem Frühwarnsystem, der zeitlich engeren Ansetzung der Schiedsrichter vor den Spielen und der Einsetzung der „Präventiv-Sonderkommission“ kann der DFB über den Videobeweis aber nicht entscheiden. Eine solche Regeländerung ist Sache des International Football Association Board (IFAB). Auf der Tagesordnung für die Jahreshauptversammlung am 26. Februar steht davon nichts.

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