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Sport: Die letzten Osteuropäer

Dank Schewtschenko bleibt die Ukraine im Turnier

Berlin - Die Möbelpacker-Kolonne fegte in hohem Tempo durch die Menschenmassen im WM-Stadion. Witali Klitschko, begleitet von vier ähnlich stämmigen Sicherheitsleuten, hatte sich gerade den 1:0-Sieg der Ukraine gegen Tunesien angeschaut. Das Niveau war schwach, das hatte auch Klitschko gesehen, aber inmitten der blau-gelb geschmückten Fußballfans wollte er nicht maulen. „Wir sind stolz, dass wir es geschafft haben“, sagte Klitschko und raste mit seiner Meute weiter zum VIP-Parkplatz.

Im Berlin sollte an diesem Freitagnachmittag ja auch nicht der ehemalige Box-Superstar und Jung-Politiker im Mittelpunkt stehen und auch nicht sein Bruder Wladimir, der ebenfalls im Olympiastadion gesehen wurde. Im Mittelpunkt stand Schewa: Andrej Schewtschenko. Und der feierte den 1:0-Sieg gegen Tunesien noch mit seinen Kollegen vor der Westkurve, Arm in Arm und tanzte genüsslich zu den Klängen von „Kalinka“ über die blaue Laufbahn.

„Das Weiterkommen ist sehr wichtig für unser Land“, sagte der 29-Jährige später. Dass Schiedsrichter Amarilla den Tunesiern einen umstrittenen Platzverweis beschert und einen Handelfmeter verweigert hatte und der Sieg der Ukraine nur durch Schewtschenkos Strafstoß möglich wurde – geschenkt. Die Ukraine hat bei der ersten Teilnahme sofort das Achtelfinale gegen die Schweiz erreicht, Tunesien ist dagegen beim vierten Auftritt zum vierten Mal in der Vorrunde gescheitert.

Für das Weiterkommen zahlt der ukrainische Fußballverband eine Prämie von 80 000 Euro pro Mann. Bedanken dürfen sich die Kollegen bei Stürmer Schewtschenko, der in der kommenden Saison vom deutschen Kapitän Michael Ballack beim FC Chelsea London bedient wird. Dessen Boss – Öl-Milliardär Roman Abramowitsch – wird Schewtschenkos bisherigem Arbeitgeber, dem AC Mailand, 50 Millionen Euro Ablöse überwiesen. Nicht ohne Grund warnte der Schweizer Trainer Jakob Kuhn vor der „Weltklasse“ im Angriff des Achtelfinal-Gegners. Allerdings muss die Ukraine am Montag auf zwei Innenverteidiger verzichten, die ihre zweite Gelbe Karte im Turnier sahen und nun gesperrt sind.

Ukraines Trainer Oleg Blochin freute sich dennoch darüber, als einzige osteuropäische Mannschaft noch im Turnier zu sein. „Wir haben unser Ziel erreicht, nachdem wir gegen Spanien in ein mentales Loch gefallen sind“, sagte Blochin. Da hatte sein Team 0:4 mit einem angeschlagenen Schewtschenko verloren. Anschließend rehabilitierten sie sich mit einem 4:0-Sieg gegen Saudi-Arabien, Schewa war fit und schoss ein Tor. „Die WM ist ein tolles Fest“, sagte Schewtschenko nach dem 1:0 gegen Tunesien. „Und es ist gut, dass die Ukraine dabei ist.“ Dann brauste der Mannschaftsbus über die Avus hinab nach Potsdam ins WM-Quartier der Ukraine.

André Görke

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