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Moabit obenauf. Die Spieler des Berliner AK verdienten sich ihren Jubel. Foto: dapd

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Sport: Die Party vor Zwickau

Dem Berliner Athletik Klub gelingt beim 4:0 gegen Hoffenheim ein historischer Erfolg im DFB-Pokal.

Berlin - Aus dem Kabinentrakt drang laute Musik. Es wurde geklatscht und gesungen, gelacht und gejubelt. Die Spieler des Berliner Athletik Klubs feierten, so sehr es ihre Kräfte noch zuließen. Bei heißen Sommertemperaturen hatten sie sich kurze Zeit vorher völlig verausgabt, waren gelaufen, wie vielleicht noch nie in ihrem Leben. Und am Ende hatten sie dann etwas Historisches geschafft: Den Sieg in der ersten Runde des DFB-Pokals über den Bundesligisten TSG Hoffenheim. Das allein genügt unter normalen Umständen schon zur Sensation, aber was war schon normal an diesem Tag im Poststadion? Noch sensationeller war das Ergebnis: 4:0 (3:0) – nie hatte ein Viertligist im DFB-Pokal höher gegen einen Bundesligisten gewonnen.

Als Erster kam Jens Härtel aus der Kabine, der Trainer des BAK gab sich auch gar keine Mühe, den Erfolg künstlich klein zu reden. „Für uns ist das ein einmaliges Fest. Wir haben heute Geschichte geschrieben“, sagte Härtel. Die Glückwünsche von seinem Kollegen Markus Babbel nahm er höflich an und fast wirkte es in dem Moment, als hätte Härtel Mitleid mit Babbel. Der sprach mit versteinerter Miene von einem „kollektiven Versagen“ seiner Mannschaft. „Wir haben müde gewirkt, schwerfällig. Der BAK hatte Chancen für noch mehr Tore“, sagte Babbel. Nur einmal lockerten sich seine Gesichtszüge etwas auf. Auf die Frage, ob Berlin allmählich zum Unglücksort für ihn würde, antwortete der ehemalige Trainer von Hertha BSC: „Eigentlich hab ich Berlin noch gemocht, aber so langsam wird es mir unsympathisch.“ Die Lacher waren Babbel wohl zu nah am Gelächter, sofort wurde er wieder ernst: „Mit der Häme müssen wir nun leben.“

Im Stadion hielten sich die Schmähungen für die Hoffenheimer in Grenzen, es waren nur 1468 Zuschauer ins restaurierte Poststadion gekommen und viele von ihnen schienen lange Zeit kaum glauben zu können, was sie da sahen.

Von Anfang an lief alles für den Berliner Regionalligisten. Schon nach zwei Minuten musste Tim Wiese bei seinem Pflichtspieldebüt für Hoffenheim den Ball zum ersten Mal aus dem Netz holen. Eine Bogenlampe hatte sich zu Wieses Überraschung ins Tor gesenkt. Torschütze: Metin Cakmak. Bis zu diesem Tag war der Name des 25-Jährigen nur Insidern des Berliner Fußballs ein Begriff. Das könnte sich nun ändern, Cakmak spielte gegen Hoffenheim das Spiel seines Lebens, wie er später sagte. Nur wenige Augenblicke nach seinem Tor verletzte er sich am Kopf, er blutete, eine Auswechslung schien unumgänglich. Aber Cakmak wollte nicht raus, nicht am diesem Tag. Der Stürmer bekam einen Kopfverband in rot und weiß – den Farben des BAK – und spielte weiter. Kaum wieder auf dem Feld, sauste ein Schuss von ihm knapp am Tor vorbei. Angriff um Angriff rollte auf das Hoffenheimer Tor, wieder Cakmak, Niklas Brandt und Kevin Kruschke hätten das Spiel noch früher entscheiden können. „Über die Höhe des Resultats können wir uns nicht beschweren“, sagte Babbel.

Seine Hintermannschaft um Neuzugang Matthieu Delpierre wirkte konsterniert und eines Bundesligisten nicht würdig. Zwei Mal rückte die Verteidigung zu weit auf, zwei Mal nutzte der BAK dies eiskalt aus. Zuerst erhöhte Justin Gerlach auf 2:0 – allerdings aus Abseitsposition. Fünf Minuten vor der Pause lief dann der emsige Kevin Kruschke allein auf Wiese zu. Hoffenheims neuer Kapitän bekam die Finger noch an Kruschkes Schuss, doch das half nichts. Der Ball trudelte zum 3:0 über die Linie. Auf der Trainerbank schlug Markus Babbel die Hände vors Gesicht, sein Gegenüber Jens Härtel zeigte keinerlei Emotionen und stand weiter da, als wäre nichts passiert. „Erst ab der 75. Minute war ich mir wirklich ganz sicher, dass da nichts mehr passiert“, sagte Härtel.

Babbel ging zur Pause nur kurz in die Kabine, die meiste Zeit blieb er gedankenversunken auf dem Platz. Er brachte den Berliner Sejad Salihovic und Takashi Usami, aber am Spielverlauf änderte sich nichts. Der BAK machte weiter Druck und nutzte die Fehler der Hoffenheimer. Fünf Minuten nach Wiederbeginn trat Wiese bei einem Abschlag in den Boden, Cakmak nahm den Ball dankend auf und verwandelte sicher zum 4:0.

Hoffenheim gab nun endgültig auf, der BAK rannte dagegen unermüdlich weiter. „Wir sind fit, trainieren nicht viel weniger wie Bundesligisten“, sagte Cakmak, der immer noch seinen rot-weißen Kopfverband trug, als er sich nach Spielschluss den Fragen der Journalisten stellte. Später sollte er den Verband aber doch noch abnehmen, die Mannschaft zog zum Feiern geschlossen in die Nacht. Nur Jens Härtel wollte nicht mitgehen. „Die Party wird nur halb so gut, wenn der Trainer mitkommt“, sagte er.

Statt groß zu feiern, dachte Härtel schon an den FSV Zwickau, den nächsten Gegner der Berliner in der Regionalliga. Markus Babbel schaute in diesem Moment betreten zu Boden.

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