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Sport: Die Qual der Platzwahl

Noch ist nicht entschieden, wo Huub Stevens am Samstag sitzt

Berlin. Einsam und verlassen stand er da, auf der Treppe zur früheren Ehrentribüne. Neben ihm Sandberge, über ihm Kräne. Huub Stevens war gerade von Schiedsrichter Markus Merk im Olympiastadion des Innenraums verwiesen worden. Das war am 18. Oktober, beim Spiel gegen Bayer Leverkusen. Und dort könnte Stevens auch am Samstag stehen, wenn der von ihm trainierte Fußball- Bundesligist Hertha BSC an selber Stätte die gleichfalls abstiegsgefährdete Mannschaft von Borussia Mönchengladbach empfängt.

Das von Merk verordnete Innenraumverbot für Stevens war die Strafe für heftiges Reklamieren nach dem Platzverweis für Denis Lapaczinski sowie Rangeleien mit Spielern und Offiziellen der Leverkusener. Bei der mündlichen Verhandlung vor dem DFB- Sportgericht wurde Wiederholungstäter Stevens wegen unsportlichen Verhaltens verboten, sich während der nächsten beiden Bundesligaspiele im Innenraum des Stadions aufzuhalten. Zudem muss er 7500 Euro zahlen.

In Wolfsburg saß Stevens den ersten Teil seiner Strafe ab. Allerdings sprachen hinterher viele von einer Farce. Manager Dieter Hoeneß hatte den Kartenbesitzern zweier Plätze direkt an der Balustrade zum Innenraum ein Abendessen versprochen, damit sie auf ihr Sitzrecht verzichten. Stevens, neben dem Pressesprecher Hans-Georg Felder saß, hatte von seinem Platz direkten Kontakt zu Kotrainer Holger Gehrke, konnte sich also immer wieder mit ihm absprechen.

Wird Stevens neben die Fans platziert?

In den DFB-Statuten ist nicht genau definiert, in welcher Entfernung sich ein mit Innenraumverbot belegter Trainer vom Kotrainer und den Spielern aufzuhalten hat. Im Paragrafen 30 der Trainer-Ausbildungsordnung heißt es: „Bei unsportlichem Verhalten kann ein beschränktes Verbot ausgesprochen werden, sich während eines Spiels der von ihm betreuten Mannschaft im Innenraum des Stadions aufzuhalten (Aufenthaltsverbot) bis zur Höchststrafe von fünf Spielen, wobei das Verbot den Zeitraum von 30 Minuten vor dem angesetzten Spielbeginn bis 30 Minuten nach dem Abpfiff umfasst.“ Auf Anfrage erklärte die juristische Abteilung des DFB, dass sich das Verbot nicht auf die Halbzeitpause bezieht, sodass der bestrafte Trainer dann in der Kabine Kontakt zur Mannschaft aufnehmen darf.

Im Olympiastadion ist der Abstand vom Spielfeld zur Tribüne größer als in Wolfsburg. Die Kontaktaufnahme zwischen Stevens und Gehrke ist also erschwert. Möglich wäre jedoch eine Kommunikation per Funkgerät. Das wurde zwischen beiden bereits in der Vorsaison praktiziert. Nachdem Stevens in München der Bank verwiesen worden war, musste er eine Spielsperre (und eine Geldstrafe) hinnehmen. Beim Spiel gegen den VfL Wolfsburg am 7. Dezember 2002 saß Stevens in einer Vip-Loge hinter einer Glasscheibe. Gehrke gab seine Anweisungen an die Mannschaft weiter. Mit wenig Erfolg: Hertha verspielte beim 2:2 eine 2:0-Führung.

Noch nicht entschieden wurde, wo sich Stevens am Samstag während des Spiels aufhalten wird. „Wir diskutieren noch über verschiedene Möglichkeiten“, sagt Sprecher Felder. Möglicherweise wird der Verein darauf verzichten, dass Stevens denselben Platz einnimmt wie am 18. Oktober nach seiner Verbannung auf die Tribüne. Der Platz erwies sich für Stevens als doppelt unangenehm, weil sich beim 1:4 gegen Leverkusen viele aufgebrachte Fans auf die daneben befindliche Treppe gestellt und ihn mit höchst unfreundlichen Worten bedacht hatten.

Klaus Rocca

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