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Sport: Die Spuren Zatopeks

Haile Gebrselassie will schnellstmöglich den Marathon-Weltrekord brechen

Haile Gebrselassie kann es gar nicht schnell genug gehen. Gerade war er beim Amsterdam-Marathon als Sieger ins Ziel gekommen, da sagte er: „Ich bin überhaupt nicht müde. Vielleicht könnte ich schon in zwei Monaten wieder einen Marathon laufen.“ Ein Sieg allein reicht dem Äthiopier nicht. Gebrselassie will der schnellste Marathonläufer der Welt werden. „Ich weiß, dass ich den Weltrekord brechen kann, aber ich weiß nicht, wann das passieren wird“, sagte er.

Am Sonntag ist es jedenfalls nicht passiert, obwohl er es sich fest vorgenommen hatte. Der Weltrekord ist ein wichtiger Bestandteil seiner Lebensplanung. Auf der Bahn hat der 32 Jahre alte Gebrselassie schließlich schon alles gewonnen, zweimal ist er Olympiasieger geworden, 18 Weltrekorde hat er aufgestellt. Doch Lauflegenden wie der Tscheche Emil Zatopek haben ihm noch eines voraus: Dominanz auf der längsten olympischen Laufstrecke, dem Marathon. Gebrselassie muss auch noch etwas dafür tun, um überhaupt als Straßensportler wahrgenommen zu werden. Bisher gilt er als Athlet des Stadions, denn er hat bisher nur einen Marathon bestritten. Das war 2002 in London, Gebrselassie lief 2:06:35 Stunden. Diese Zeit hat er am Sonntag um fünfzehn Sekunden verbessert – Jahresweltbestzeit. Doch ihm fehlten 85 Sekunden, also fast ein halber Kilometer zum Weltrekord. Den hält der Kenianer Paul Tergat, seit er vor zwei Jahren in Berlin 2:04:55 Stunden für die 42,195 Kilometer brauchte.

Tergat hatte seinem Konkurrenten aus Äthiopien vor dem Amsterdam-Marathon den Rekord durchaus zugetraut. „Aber wenn er die Hälfte der Strecke in 62 Minuten läuft, schafft er es nicht. Das wäre zu schnell.“ Genau diesen Fehler beging Gebrselassie jedoch. 62:03 Minuten betrug seine Durchgangszeit auf halbem Weg. Fünf Tempomacher sollten ihn zwar ziehen, doch sie erfüllten ihren Auftrag nicht ordnungsgemäß und waren ihm am Ende keine große Hilfe mehr. Zudem beklagte sich Gebrselassie über das Wetter. „Es war windig in der zweiten Hälfte. Und wenn man rennt, fühlt man sich wie in einem Sturm. Ich glaube, der Wind hat mich zwei Minuten gekostet.“ Gebrselassie, der sonst auch bei großer Anstrengung ein sanftes Lächeln auf dem Gesicht trägt, wirkte ein wenig verärgert.

Vielleicht wird sich dafür sein Sohn irgendwann über den verpassten Weltrekord freuen. Er ist um einen Spitznamen herumgekommen. Vor gut zwei Wochen wurde Gebrselassie zum vierten Mal Vater. Nathan ist sein erster Sohn. „Meine Frau hat ihn Nathan genannt, aber wenn ich in Amsterdam Weltrekord laufe, wird Amsterdam sein Spitzname sein“, hatte Gebrselassie vor dem Rennen gesagt.

Ob der Äthiopier nun nach einem anderen Spitznamen suchen wird? Offensichtlich will er lieber früher als später den nächsten Weltrekordversuch unternehmen. Sein Manager Jos Hermens will ihn aber zügeln. „Sechs Monate lang nur für einen Marathon zu trainieren, das fällt ihm schwer“, erklärt Hermens, jedoch seien für Topläufer mehr als zwei Marathonläufe im Jahr schädlich.

Zudem gibt es nicht viele Stadtkurse, die so flach sind, dass sie einen Weltrekord möglich machen. „London, Berlin, Rotterdam, Chicago und Amsterdam sind solche Strecken“, sagt Hermens. Gebrselassies nächster Marathon-Start steht bereits fest, denn mit dem Frühjahrs-Rennen in London hat er einen Dreijahresvertrag. Dort kommt es aber oft zu einem taktischen Rennen und nicht zu einer Tempojagd. „Im Herbst bieten Amsterdam und Berlin die besten Möglichkeiten“, sagt Hermens. Ganz entgegen seinem Temperament wird Haile Gebrselassie sich also gedulden und dann eventuell dorthin gehen müssen, wo der derzeitige Weltrekord gelaufen wurde: nach Berlin.

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