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Sport: Die Unergründlichen

Mit der Entlassung von Trainer Vicente del Bosque bestätigt Real Madrid seinen Ruf, ein etwas anderer Verein zu sein

Real Madrid ist mehr als ein Fußballklub. Real ist ein Mythos, und wie alle Mythen umgibt auch den spanischen Rekordmeister etwas Unergründliches. 1998 wurde Jupp Heynckes entlassen, obwohl er gerade mit Real die Champions League gewonnen hatte. 32 Jahre lang hatte der Klub darauf gewartet, aber Heynckes nutzte das nichts. So ähnlich ist es jetzt auch Vicente del Bosque ergangen. Am Sonntag hat der Klub die Meisterschaft gewonnen, am Tag danach trennte sich Real von dem dafür verantwortlichen Trainer. Sein Vertrag wird nicht verlängert, als Nachfolger ist der Portugiese Carlos Queiros im Gespräch, der als Assistent von Alex Ferguson bei Manchester United arbeitet.

Del Bosque, der mit seiner massigen Statur aussieht wie ein andalusischer Landwirt, war den noblen Herren aus dem Vorstand wohl nicht schillernd genug. Genau diese zurückhaltende Art aber ist immer seine Stärke gewesen. „Vielleicht haben wir den idealen Trainer gefunden“, hat Präsident Lorenzo Sanz vor drei Jahren gesagt. Sein Nachfolger Florentino Perez sieht das offenbar anders. Die Mannschaft ist eine einzige Ansammlung von Stars, und mit David Beckham kommt nun noch ein weiterer Exzentriker hinzu. Del Bosque ist gewissermaßen der Gegenentwurf zu all den Designer Fußballern. Er ist bodenständig, unauffällig und bescheiden. Manche sagen: zu bodenständig, zu unauffällig und zu bescheiden.

35 Jahre lang stand del Bosque in Diensten Reals, erst als Spieler, dann als Nachwuchscoach und schließlich seit Ende 1999 als Cheftrainer. Gleich in seiner ersten Saison gewann er die Champions League, die Meisterschaft vom Sonntag war der siebte Titel in nicht mal vier Jahren. Real gleiche einem Tollhaus, schrieb die Sportzeitung „As“ angesichts der seltsamen Personalentscheidungen: „Was wäre eigentlich passiert, wenn der Klub den Titel verpasst hätte?“

Es scheint, als wolle Real mit einem Streich seine eigene Vergangenheit vergessen machen. Neben del Bosque erhält auch Kapitän Fernando Hierro keinen neuen Vertrag. In 14 Jahren hat der Verteidiger 601 Spiele für Real bestritten. Der Abschied fiel angesichts der Verdienste ziemlich kühl aus. „Er kann uns nicht mehr helfen“, sagte Sportdirektor Jorge Valdano. sth

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