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Sport: Die Vorwürfe laufen mit

Vor dem WM-Start hinterlässt der Streit zwischen Claudia Pechstein und Stephanie Beckert Spuren – vor allem bei der Erfurterin.

Sotschi - Draußen hört man sein eigenes Wort kaum. Weil sich gleich eine ganze Kolonne von Baufahrzeugen ihren Weg durch Schlamm und Geröll bahnt, der Olympia-Park von Sotschi muss schließlich in weniger als einem Jahr fertig sein. Und drinnen, in der „Adler-Arena“, da schweigen sich die Deutschen ohnehin an, zumindest Claudia Pechstein und Stephanie Beckert. Kein Hallo, kein Gruß, kein Wort – die deutschen Eisschnellläuferinnen spulten am Mittwoch konzentriert ihr Trainingsprogramm ab und ignorierten sich auch einen Tag vor der ersten WM-Entscheidung über 3000 Meter.

Dafür meldete sich Jenny Wolf zu Wort, die erst am Sonntag über 500 Meter eingreifen wird. Die 34-Jährige sprach aus, was die meisten Athleten dachten. „Man fühlt sich nicht willkommen, weil alles hier so unfertig ist. Ständig wird man von Lkws zum Training begleitet“, sagte Wolf. Wenigstens in der ultramodernen Eisschnelllauf-Arena ist alles sauber. Die atmosphärischen Störungen zwischen Pechstein und Beckert bleiben allerdings ein Dauerthema.

Groß äußern wollten sich die beiden am Mittwoch nicht dazu, es herrscht offenbar Burgfrieden - auch wenn niemand mehr damit rechnet, dass Beckert ihre Ankündigung zurücknimmt, nicht in der Team-Verfolgung zu laufen. Die volle Konzentration gilt allein dem WM-Auftakt über 3000 Meter. Auf der Langstrecke war Beckert im Vorjahr auf Platz zwei gelandet, Pechstein auf Rang vier. Derzeit stehen die Vorzeichen – nimmt man das Ergebnis vom Weltcup-Finale zur Grundlage – etwas anders. Beckert hadert noch immer mit der angeknacksten Psyche, nachdem sie die Rivalin aus Berlin öffentlich der „Arbeitsverweigerung“ bezichtigt hatte. „Der Kopf ist nicht frei“, bedauerte die Erfurterin am Mittwoch.

„Ich versuche alles abzuschütteln, aber es fällt schwer. Ich will alles rausholen, was noch möglich ist“, meinte sie nach den Trainingsrunden in der gelb-orange strahlenden Arena. Obwohl Mannschaftskameraden die Form ihrer öffentlichen Kritik nicht guthießen und auch vom Verbands-Präsidenten Schelte kamen, verspürt Pechstein bei ihrer 14. Einzelstrecken-WM Rückenwind. Ihrem Anwalt flatterte ein Schreiben vom Justiziar der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada, Julien Sieveking, ins Haus. Darin soll der 41 Jahre alten Berlinerin bestätigt worden sein, dass die Wada ihre Beschwerde wegen der extrem hohen Zahl von über 100 Doping-Kontrollen in den Monaten seit ihrer Sperre prüfen werde.

„Endlich mal eine gute Nachricht. Das gibt mir neue Motivation“, sagte Pechstein. Ihr Anwalt Christian Krähe hatte das Schreiben mit der Verletzung der Gleichbehandlung aller Athleten begründet, nachdem Pechstein seit Ablauf ihrer Sperre über 100 Mal getestet worden war und dies als Diskriminierung empfunden hatte. Für ihren ersten WM-Auftritt in Sotschi ist sie nicht nur deshalb zuversichtlich: „Es ist alles drin, aber ich bin nicht die Favoritin. Es wäre schön, wenn ich meine gute Saison hier in Sotschi krönen könnte.“

Weiteren Ansporn hatte sich Claudia Pechstein vergangene Woche bei einem Besuch in Moskau abgeholt. Auf Einladung des Wirtschaftsclubs Russlands war sie zum „Countdown Sotschi 2014“ des russischen nationalen Olympischen Komitee dort und durfte sich dabei Lobgesänge des Olympiasiegers Sergej Fokitschew anhören. „Für uns bist du eine der großen Legenden des deutschen Sports“, erklärte der 500-Meter-Sieger von 1984 in seiner Ansprache.

Jetzt zählen nur noch Taten. Acht WM-Medaillen hat Pechstein in ihrer langen Karriere über die 3000 Meter schon geholt (2/5/1) - die letzte datiert aus dem Jahr 2005. Die zweite Konkurrenz des WM-Eröffnungstages geht übrigens ohne Deutsche über die Bühne. Der Inzeller Moritz Geisreiter verzichtete wegen Magen-Darm-Problemen auf einen Start über 1500 Meter und konzentriert sich auf die langen Distanzen. dpa

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