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Für den Spieler, nicht den Trainer. Ab der kommenden Saison könnten Schiedsrichter mit Karten auch die Trainer sanktionieren.

© dpa

Trainer-Karten in der Bundesliga: Die Würde des Schiedsrichters

In der Bundesliga könnten Gelb-Sperren für Trainer eingeführt wären. Das wäre die Lösung für ein uraltes Problem. Ein Kommentar.

Mit dem Verweis auf fehlende Menschlichkeit sollten Fußball-Bundesligisten und ihre Angestellten in diesen Zeiten vorsichtig sein, sehr vorsichtig sogar. Wie legendär peinlich das ausgehen kann, hat Deutschlands vermeintlich führendes Fußball-Unternehmen, der FC Bayern München, vor gar nicht allzu langer Zeit eindrucksvoll gezeigt: Die Bayern-Bosse zitierten in einer Wutrede aus dem ersten Artikel des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar“) – und beschimpften in derselben Wutrede die Sportsfreunde Juan Bernat und Mesut Özil aufs Übelste. Präsident Uli Hoeneß attestierte ihnen, „seit Jahren einen Dreck“ gespielt zu haben, wahlweise auch: „einen Scheißdreck“. Das klang nicht nur übel, sondern war vor allem: ausgesprochener Blödsinn.

Nun bemühen zwei Bundesliga-Trainer den Begriff erneut. „Ich finde, dass man da an die Menschlichkeit appellieren muss und nicht alles mit Strafen reguliert“, sagt Julian Nagelsmann, Coach von RB Leipzig. „Wenn es dazu kommt, dass ich nichts mehr sagen darf, dann bleibt die Menschlichkeit auf der Strecke“, pflichtet Ante Covic, der Trainer von Hertha BSC, bei. Die Aussagen beziehen sich auf eine mögliche Regelmodifikation, die auf der Generalversammlung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) am 21. August beschlossen werden könnte: Künftig dürften Schiedsrichter ja auch Trainern Gelbe respektive Rote Karten zeigen; drei Verwarnungen hätten dem Vernehmen nach eine automatische Sperre von einem Spiel zur Folge, Rot sowieso. Nagelsmann und Covic sind mit ihrer Meinung nicht allein; viele ihrer Kollegen stehen dem Plan äußerst skeptisch gegenüber.

Man kann der Argumentation von Nagelsmann und Covic durchaus folgen: Was wird aus dem Unterhaltungsbetrieb Bundesliga, wenn die Emotionen nach und nach aus dem Spiel verschwinden? Wenn es keine richtigen Aufreger mehr gibt? Wenn man wirklich nichts mehr sagen darf? Alles soweit schlüssig und verständlich. Andererseits ist auch die Intention der Regelhüter nicht zu leugnen: Sie wollen den obersten Leiter des Spiels, den Schiedsrichter, schützen. Wenn man sich die Liste der Verfehlungen ansieht, die im Fußball längst zum Standard-Repertoire gehören – etwa das Vortäuschen von Verletzungen, Zeitspiel, Schwalben und Rudelbildung – darf man ohne Weiteres festhalten: Schiedsrichter haben auch so schon genug damit tun, der versuchten Einflussnahme von draußen entgegenzuwirken. Deshalb ist der Vorschlag unbedingt zu begrüßen.

Dringend benötigt: Die kleinen Sanktionen

Das größte Problem des Fußballs (neben einem praxistauglichen Videoschiedsrichter) besteht darin, dass die Unparteiischen nicht in der Lage sind, im Kleinen zu sanktionieren. Bisher konnten sie die Rumpelstilzchen der Trainer-Garde nur mit sofortiger Wirkung auf die Tribüne schicken – ein schwerwiegender Eingriff, der höchstselten zur Anwendung kam. Im Handball oder Basketball etwa gibt es kleinere Formen der Bestrafung, die gewisse Umgangsformen gewährleisten sollen: Zeitstrafen für den Trainer etwa oder technische Fouls, die Freiwürfe zur Folge haben. Im Fußball dagegen: null Spielraum. Es gibt nur schwarz oder weiß, nur null oder eins, nur Seitenlinie oder Tribüne. Genau dort setzt die neue Regel an.

Bei aller Aufregung, die nun kurz vor dem Saisonbeginn herrscht, sollte man sich vor allem eine Tatsache vergegenwärtigen, von der Kreis- bis in die Bundesliga: Auch Schiedsrichter sind Menschen, für die selbstverständlich gesellschaftliche Konventionen und gewisse Umgangsformen gelten.

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