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Turin 2006: Drakonische Strafen gegen österreichische Doping-Sünder

Sechs Biathleten und Langläufer aus Österreich sind wegen Doping-Vergehen bei den Winterspielen von Turin zu lebenslangen Sperren verurteilt worden. Für die Verurteilung reichte dem IOC der Besitz von Dopingmitteln; einen positiven Test hatte es nie gegeben.

Peking - 14 Monate nach den Olympischen Winterspielen hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) mit drakonischen Strafen gegen österreichische Sportler einen Schlussstrich unter den Doping-Skandal von Turin gezogen. Auch ohne positiven Befund wurden sechs Biathleten und Langläufer wegen ihrer mutmaßlichen Verwicklung in die Affäre lebenslang von Olympia ausgeschlossen.

"Der Besitz allein ist genug für die Regelverletzung. Aber in diesem Fall gibt es besondere Umstände: Die Athleten haben während der Spiele zusammen gewohnt und waren umgeben von Blutbeuteln und Hämoglobinmessgeräten. Die Quantität dieser Dinge war signifikant", sagte IOC-Präsident Jacques Rogge nach der Exekutiv-Sitzung in Peking. Mit dem Urteil folgte das Gremium einem Antrag der vom deutschen IOC-Vizepräsidenten Thomas Bach geleiteten Untersuchungskommission.

Bach verspricht sich abschreckende Wirkung

Von der Sperre betroffen sind die Biathleten Wolfgang Perner und Wolfgang Rottmann, die während der Spiele fluchtartig das Olympia-Quartier verlassen hatten, sowie die Langläufer Martin Tauber, Jürgen Pinter, Johannes Eder und Roland Diethart. Sie gelten des Besitzes und der gemeinschaftlichen Nutzung von Dopingmitteln als überführt und dürfen bei künftigen Olympischen Spielen in keiner Funktion mehr auftreten. "Wir hoffen, dass diese Sanktion abschreckende Wirkung hat", sagte Bach zufrieden mit dem Urteil in einer ersten Reaktion.

Für Rogge waren bei der Entscheidung zwei Dinge ausschlaggebend: "Erstens der Besitz, zweitens die Konspiration, die Zusammenarbeit und das Vertuschen. Das sind gravierende Umstände, die strenge Sanktionen für all diese Athleten verlangen, die in derartiger Weise zusammengearbeitet haben", sagte der Belgier Rogge. Thomas Bach hob das Außergewöhnliche an dem Urteil heraus: "Das ist das erste Mal, dass es aufgrund des bloßen Besitzes von Substanzen zu einer solchen Entscheidung gekommen ist. Der Besitz und die besonderen Umstände des Falles spielten eine Rolle", erklärte der Wirtschaftsanwalt aus Tauberbischofsheim. Er sprach in diesem Zusammenhang von einer gewissen "Komplizenhaftigkeit".

Meyer nach "Blutbeutel-Affäre" von Winterspielen ausgeschlossen

Auf Grundlage des Anti-Doping-Gesetzes hatte die italienische Staatsanwaltschaft während der Turin-Spiele am Abend des 18. Februar 2006 Olympia-Quartiere der österreichischen Sportler durchsuchen lassen und dabei Hilfsmittel für verbotene Doping-Methoden entdeckt. Auslöser der Razzien war die Anwesenheit des österreichischen Trainers Walter Mayer in den Unterkünften. Der Coach war wegen der so genannten "Blutbeutel-Affäre" 2002 in Salt Lake City vom IOC bis 2010 für Winterspiele gesperrt worden. Die Dopingproben von insgesamt zehn in den Skandal involvierten Biathleten und Langläufern aus Österreich waren in Turin alle negativ gewesen.

Einen vergleichbaren Fall hatte es im internationalen Sport bisher erst einmal gegeben, als der US-Sprinter Tim Montgomery vom Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne für zwei Jahre wegen Dopings gesperrt wurde. Auch der 100 Meter-Weltrekordler hatte nie eine positive Dopingprobe abgegeben, sondern wurde allein aufgrund von Indizien verurteilt.

Das Verfahren gegen den ebenfalls unter Verdacht stehenden Langläufer Christian Hoffmann, Olympiasieger von 2002, wurde aus Mangel an Beweisen eingestellt. Das IOC verwies den Fall an den Internationalen Skiverband zur weiteren Bearbeitung. (tso/dpa)

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