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Pauline Schäfer an ihrem Paradegerät.

© dpa

Drei Wochen bis zur Turn-WM in Stuttgart: Es wird knapp für Pauline Schäfer

Sie war der gefeierte Turnstar am Schwebebalken. Doch jetzt könnte Pauline Schäfer sogar die Heim-WM in Stuttgart verpassen.

Das Bauchgefühl hat nichts zu sagen. Allein der Computer soll darüber entscheiden, welche Kunstturnerinnen bei den Weltmeisterschaften im Oktober in Stuttgart die deutschen Farben vertreten dürfen und sich für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio qualifizieren können. Bundestrainerin Ulla Koch hat dafür ein „Best of“ ihrer Leistungsträgerinnen in das objektive System eingegeben. Auf Knopfdruck soll so dann die vermeintlich stärkste Riege ausgeworfen werden. Wie das Ergebnis aussieht, soll wahrscheinlich am Donnerstag klar sein.

Obwohl sich zuletzt, beim gewonnenen Länderkampf am vergangenen Wochenende im Worms gegen Belgien und Frankreich, noch neun Kandidatinnen dem Auswahlverfahren stellen durften, sind es doch nur sechs, die für einen Start in der baden-württembergischen Landeshauptstadt infrage kommen. Eine davon wird lediglich als Ersatz dabei sein. Zu denen, die größere Zweifel daran hegen müssen, dass sie am 4. Oktober mit einmarschieren werden in die Schleyer-Halle, gehört Pauline Schäfer.

Dabei ist es nicht mal zwei Jahre her, als Schäfer gefeiert wurde. Am Schwebebalken balancierte sie bei der WM im kanadischen Montréal souverän hinauf auf die oberste Stufe des Podest - dem Gerät, das den Vertreterinnen des Deutschen Turner-Bundes (DTB) in der Vergangenheit oft so viele Sorgen bereitete, weil sie zu verzagt den Kampf gegen die Schwerkraft auf dem nur zehn Zentimeter schmalen Grat aufnahmen.

Der Trumpf von Schäfer ist und bleibt der Balken. Hier bewegt sie sich mit der Geschmeidigkeit einer Katze und beherrscht noch immer als Einzige auf der Welt den nach ihr benannten Seitwärtssalto mit halber Drehung. Trotzdem ist es schwieriger geworden für die heute 22-Jährige. Nach einem wenig zufriedenstellenden Auftritt bei der Europameisterschaft 2018 in Glasgow trennten sich die Wege Schäfers und ihrer langjährigen Trainerin Gabi Frehse. Seitdem übt die Wahl-Chemnitzerin in einer Mini-Gruppe allein mit ihrer jüngeren Schwester Helene. Die WM in Doha und damit die Titelverteidigung im vergangenen Jahr verpasste sie wegen einer Fußverletzung. Bei der Europameisterschaft im Frühjahr in Stettin war sie noch nicht wieder fit genug für einen Mehrkampf und fiel an ihrem Paradegerät an einer Medaille vorbei.

Jetzt, da sie eigentlich wieder voll belastbar ist, steht ihr wieder einmal die Rückwärts-Blockade im Weg, mit der sie sich seit einem Sturz in Jugendtagen herumplagt. Ihre komplette Bodenübung hat sie auf vorwärts abgesprungene Akrobatik umgestellt, was es trotz ihrer guten Koordinationsfähigkeit schwerer macht, eine hohe Note zu erreichen.

Die WM in Stuttgart naht

Bei der WM in Stuttgart geht es für den DTB jetzt nicht nur um Einzelleistungen und Einzelmedaillen. Es gilt, sich als Quintett unter den besten zwölf Nationen zu platzieren und damit - vorausgesetzt, die drei bereits feststehenden Olympiateilnehmer sind auch darunter - die Reise nach Japan klarzumachen.

Dass Schäfer bei den beiden nationalen Qualifikationswettkämpfen jeweils den vierten Platz erreichte, hat dabei wenig Aussagekraft. Denn aus gesundheitlichen Gründen waren nicht immer alle WM-Anwärterinnen im Vierkampf dabei.  „Mal seh’n, was Frau Koch mit dem Computer zaubert“, sagte Schäfer zuletzt. Doch obwohl sie sich noch einmal verbessert gezeigt hatte, spiegelte die eigene Miene keine Zuversicht wider. Bundestrainerin Koch betont, dass sie nur Turnerinnen mit zur WM nach Stuttgart nehmen will, die an allen Geräten einsatzbereit sind. „Es wird knapp" für sie, glaubt Pauline Schäfer. Und da sprach nicht nur das Bauchgefühl. 

Katja Sturm

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