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Sport: Drückende Beweislast

Von Hartmut Moheit, Hartmut Scherzer und Jörg Wenig Berlin. Der deutsche Sport steht unter Schock und mit Jan Ullrich einer der größten Stars unter Dopingverdacht.

Von Hartmut Moheit, Hartmut

Scherzer und Jörg Wenig

Berlin. Der deutsche Sport steht unter Schock und mit Jan Ullrich einer der größten Stars unter Dopingverdacht. Gestern Abend wurde bekannt, dass der 28-jährige Radsportler, der 1997 als erster deutscher Sieger der Tour de France Sportgeschichte geschrieben hatte, bei einer Dopingprobe positiv getestet wurde. Der Olympiasieger von Sydney 2000 war nach seiner Knieoperation während der Rehabilitationsphase am 12. Juni in Bad Wiessee am Tegernsee unangemeldet von den Dopingkontrolleuren aufgesucht worden. In seinem Urin fand sich in der so genannten A-Probe das Aufputschmittel Amphetamin, das auf der Dopingliste steht. Von Jan Ullrich gab es gestern keine Stellungnahme. Unterstützung erhielt er zunächst von seinem Team Telekom. Da die B-Probe von Ullrichs Dopingkontrolle noch nicht analysiert wurde, spricht man offiziell in diesem Stadium nur von einem Dopingverdacht. Tatsächlich aber bestätigt in so gut wie allen Fällen die B-Probe das Ergebnis der A-Probe.

Somit dürfte der deutsche Sport mitten im dritten großen Dopingskandal binnen drei Jahren stehen. Im Herbst 1999 war der Leichtathlet Dieter Baumann positiv getestet worden, bei Olympia 2000 wurde nach einer positiven Probe dem Ringer Alexander Leipold die Goldmedaille aberkannt. „Unser Kontrollsystem macht auch vor großen Athleten nicht Halt“, sagte der Spitzensportchef des Deutschen Sportbundes (DSB), Armin Baumert, und fügte hinzu: „Es kann kein Bedauern geben, es geht um die Glaubwürdigkeit des Spitzensports. Wenn wir diesen Weg gehen, dann müssen wir mit solchen Fällen rechnen.“

Ist auch Jan Ullrichs B-Probe positiv, droht dem Olympiasieger eine mehrmonatige Sperre und neben dem enormen Imageschaden auch noch die Kündigung durch das Team Telekom. Telekom-Chef Ron Sommer hatte in der Vergangenheit immer wieder betont: „Wer dopt, der fliegt.“ Sollte es nun das Aushängeschild treffen, kann man auch über das Engagement der Deutschen Telekom im Radsport spekulieren. „Das ist ein Hammer, wenn das stimmt. Dann ist das Telekom-Engagement in Gefahr“, meinte der Radsprint-Olympiasieger Jens Fiedler. Während die Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), Sylvia Schenk, gestern vom „Fall Ullrich“ sprach, sagte BDR-Vizepräsident Harry Bodmer: „Wenn sich der Verdacht bestätigt, wäre das ein schwerer Schlag für den deutschen Radsport und für die Glaubwürdigkeit des Sports insgesamt.“

Der Direktor der Tour de France, Jean-Marie Leblanc, sagte gegenüber dem Sportinformationsdienst: „Wenn sich die positive Probe bestätigt, würde das unseren Eindruck bestätigen, den wir von Ullrich bekamen, als er in alkoholisiertem Zustand einen Unfall hatte.“ Wegen seiner Knieprobleme hatte Jan Ullrich in diesem Jahr lediglich ein Rennen bestritten und auf einen Start bei der Tour de France verzichtet. Am 1. Mai hatte er negative Schlagzeilen gemacht, weil er nach einem Unfall Fahrerflucht unter Alkoholeinfluss begangen hatte.

Von seinen Vertrauten erhielt Jan Ullrich gestern Rückendeckung. „Wir wissen von der Probe. Es macht keinen Sinn. Jan ist immer noch krank geschrieben", sagte Team-Sprecher Olaf Ludwig. Genauso äußerte sich auch sein Freiburger Arzt Karlheinz Birnesser, der glaubt, „dass Jan das Zeug bei einem Diskobesuch unbewusst zu sich genommen hat“. Allerdings gibt es auch Stimmen, die sagen, dass das Mittel Amphetamin in dieser Trainingsphase durchaus leistungsfördernd wirken könne.

Der Tour-Sieger von 1997 war gestern auf die Veröffentlichung seiner Probe nicht vorbereitet. Auf seiner Internetseite hieß es: „Hallo Fans, es gibt gute Nachrichten ...“

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