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© dpa

Sport: Ein bisschen gewonnen

Hertha BSC führt lange 1:0 gegen Leverkusen, gerät 1:2 in Rückstand und erzielt durch das zweite Tor von Ramos in der Nachspielzeit doch noch das 2:2

Berlin - Was für ein Drama! Auch die beste Leistung einer bislang zugegeben katastrophalen Saison hat Hertha BSC nicht zum ersten Sieg nach 125 entbehrungsreichen Tagen gereicht. Am Ende jubelten die Berliner zwar über den späten 2:2-Ausgleich gegen Bayer Leverkusen, aber es war mehr drin in diesem aufregenden Duell mit dem Bundesliga-Spitzenreiter. Bis eine Viertelstunde vor Schluss führte das abgeschlagene Schlusslicht 1:0, doch dann traf Bayer zweimal und sah schon wie der sichere Sieger aus. In der Nachspielzeit schaffte der Kolumbianer Adrian Ramos mit einem Kopfball und seinem zweiten Tor noch einen Teilerfolg, der Mut machen könnte für den Hinrundenausklang am kommenden Samstag beim FC Bayern München. Dann wird den Berlinern allerdings nicht nur der gelbgesperrte Patrick Ebert fehlen, sondern auch der Serbe Gojko Kacar, weil er nach einem korrekten Tackling zu Unrecht Gelb-Rot sah.

Auch wegen dieser Entscheidung haderten die Berliner am Ende mit Schiedsrichter Babak Rafati, dabei hatte er in einer anderen Szene richtig gelegen: als Raffael das vermeintliche 2:0 erzielt hatte. Der Berliner hatte in der Tat im Abseits gestanden. Trotzdem galten dem Schiedsrichter die abschließenden Pfiffe der 40 474 Zuschauer, die ihre Mannschaft mit Ovationen verabschiedeten. Für ein couragiertes Spiel, für den wiederentdeckten Spaß am Fußball. Er fand seinen Ausdruck schon nach sieben Minuten in jenem Tor von Adrian Ramos, als die bedächtigen Leverkusener noch gar nicht richtig im Spiel waren.

Es war ein Tor, wie es für den Berliner Stil der vergangenen Fast-Meistersaison stand. Zwei, drei kurze Pässe im Mittelfeld, dann spielte Cicero den Ball aus dem Fußgelenk steil ins Leverkusener Abwehrzentrum, direkt in den Lauf des kolumbianischen Angreifers. Ramos machte noch ein paar Schritte, hob den Kopf und zirkelte den Ball so routiniert in die linke Ecke, wie es zu längst vergangen geglaubten Zeiten die Herren Marko Pantelic und Andrej Woronin getan hatten. Und das gegen René Adler, den zurzeit wohl besten deutschen Torhüter.

Die frühe Führung gab den Berlinern die Sicherheit, die sie in den vergangenen Wochen und Monaten aus nachvollziehbaren Gründen entbehrt hatten. Wer unten steht, dem zittert nun mal das Füßchen, aber davon war am Freitagabend nichts zu sehen. Hertha spielte effizient und intelligent und konzentrierte sich keineswegs darauf, das Spiel des Spitzenreiters kaputt zu machen. Wie gewohnt war Raffael die treibende Kraft, aber auch sein brasilianischer Landsmann Cicero agierte zumindest in Ansätzen so, wie es zu erfolgreicheren Tagen zu sehen war.

Ihr Pendant in den tieferen Regionen des Spielfeldes fanden die beiden im Schweizer Fabian Lustenberger, der das defensive Mittelfeld mit einer Ruhe und Bissigkeit verantwortete, wie es von Hertha lange nicht zu sehen war. So kam es, dass die technisch brillanten Leverkusener kaum dazu kamen, ihr aggressives Angriffsspiel aufzuziehen. Hertha stand sehr tief, so dass die Leverkusener Angreifer Stefan Kießling und Eren Derdiyok nur allzu selten den Raum für Strafraumszenen fanden. Die erste gefährliche Situation ließ bis zur 48. Minute auf sich warten, als Herthas Torhüter Jaroslav Drobny einen Schuss von Kießling zur Ecke lenkte.

So wenige Torchancen wie in Berlin hat sich Bayer in dieser Saison wohl noch nie erspielt. Das lag auch an der überraschend sicheren Innenverteidigung mit Steve von Bergen und Kaka, der zwar früh ein gewaltiges Loch in die Luft trat, dann aber weitgehend fehlerfrei zu Werke schritt. Der verletzte Kapitän Arne Friedrich durfte mit blau-weißem Schal in der Fankurve registrieren, dass sein Fehlen nicht negativ ins Gewicht fiel.

Bayers Trainer Jupp Heynckes schickte in der zweiten Halbzeit den lange verletzten Patrick Helmes für den glücklosen Eren Derdiyok aufs Feld, der Druck nahm zu, aber Hertha hielt stand. Bis eine Viertelstunde vor dem Abpfiff, als der überragende Toni Kroos volley von der Strafraumgrenze zum Ausgleich traf. Als Burak Kaplan in der Schlussminute gar das 2:1 für Bayer gelang, stand Hertha mal wieder am Abgrund. „Zu Hause darf das nicht passieren“, klagte Herthas Torhüter Drobny. Aber dann kam Ramos. „Das gibt der Mannschaft Moral“, sagte Steve von Bergen. „Wir sind noch nicht tot.“

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