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Sport: Ein interessierter Beobachter

Jacques Villeneuve fehlt erstmals beim Formel-1-Rennen in Kanada – und bastelt an seinem Comeback

Ganz auf Villeneuve müssen die kanadischen Formel-1-Fans dann doch nicht verzichten. Zumindest die Strecke am St.-Lorenz-Strom in Montreal trägt noch diesen Namen, wenn auch den des 1982 tödlich verunglückten Gilles Villeneuve. Sein Sohn Jacques, der Formel-1-Weltmeister von 1997, wird dagegen zum ersten Mal seit acht Jahren bei seinem Heimrennen in Kanada nicht zu bewundern sein.

Und bewundert haben sie ihn hier, gefeiert und verehrt, auch wenn die großen Erfolge zuletzt ausblieben. Dass er diesmal nicht dabei ist, nach seinem Zwangsabschied vom BAR-Team Ende 2003, trifft die Fans in Montreal und in ganz Quebec hart. Vor allem jetzt, nachdem das einstige Gurkenauto BAR-Honda auf wundersame Weise das Schnellfahren erlernt hat. Doch davon profitieren nur Jenson Button und Takuma Sato, Villeneuves Nachfolger. Trotzdem ist der kleine Mann mit dem großen Mundwerk das Gesprächsthema hier in Montreal, nicht nur unter den Einheimischen. Wird er es schaffen, 2005 in die Formel 1 zurückzukehren? Immerhin ist er bei BMW-Williams als Nachfolger für Juan Pablo Montoya, der zu McLaren geht, und den abwanderungswilligen Ralf Schumacher im Gespräch. Schumacher nervt dieses Thema mittlerweile mächtig, vor allem in Montreal verfolgt es ihn auf Schritt und Tritt. Als Schumacher beim Stadtbummel zufällig an Villeneuves Restaurant „Newtown“ vorbeikam, da konnte er sich ein Kopfschütteln nicht verkneifen. „Vor gut einem Monat war zu hören und zu lesen, dass Villeneuve in Kanada schon in meinem Cockpit sitzen würde, und ich musste mich dafür auch noch rechtfertigen“, klagte der von Toyota umworbene Pilot, um dessen Zukunft es ebenfalls Spekulationen gibt. Doch Schumacher gab sich kämpferisch: „Ich lasse mir dadurch meine Motivation und meinen Spaß nicht nehmen, auch hier in Montreal nicht.“

Erste Gespräche mit Villeneuve gab es aber bereits, das streitet man bei Williams, dem Team, mit dem Villeneuve 1997 die WM gewann, nicht ab. Ein Comeback für einen voll motivierten Fahrer ist durchaus möglich, das haben schon andere bewiesen. Niki Lauda machte 1980 zwei Jahre Pause – und wurde 1984 noch einmal Weltmeister. Alain Prost holte nach seinem Sabbatjahr 1992 in der darauf folgenden Saison den WM-Titel. Dagegen waren die Comebackversuche von Nigel Mansell 1994 und 1995 nach einem Jahr in der US-Cart-Serie von sehr wenig Erfolg gekrönt. „Es hängt sehr stark von der Persönlichkeit des jeweiligen Fahrers ab, ob so etwas klappt oder nicht“, glaubt McLaren-Chef Ron Dennis als distanzierter Beobachter.

Glaubt man Villeneuves Umfeld, sollte es in jedem Fall nicht an der Motivation scheitern. Sein langjähriger Renningenieur und Freund Jock Clear, jetzt bei BAR für das Auto von Sato verantwortlich, telefoniert noch fast täglich mit dem Kanadier. „Jacques ist sehr, sehr interessiert an allem, was passiert – und er ist sehr zuversichtlich, dass das mit Williams klappt.“ Und auch Villeneuves Manager Craig Pollock glaubt fest daran, „dass wir Jacques 2005 in der Formel 1 wiedersehen werden“. Zudem kann er auf einen Unterstützer an wichtiger Stelle bauen: Formel-1-Boss Bernie Ecclestone würde den als exzentrisch geltenden Villeneuve, der immer für einen Spruch gut ist, liebend gern wieder im Geschäft sehen. Schillernde Figuren drängeln sich momentan nicht eben in der Formel 1.

Die Frage ist, ob der 33-Jährige auch sportlich mithalten kann. „Er müsste mal ausgiebig testen, dann würde man ja sehen“, sagt Ron Dennis. Konkrete Testtermine dementiert Williams bislang. Doch die Gerüchte halten sich hartnäckig, dass Villeneuve nach dem Rennen in Indianapolis am 20. Juni ins Auto klettern wird. Sollte dieser Test gut laufen, werde seiner Rückkehr 2005 in die Formel 1 kaum etwas im Wege stehen, heißt es. Es passt ins Bild, dass dieser Test ausgerechnet in Jerez stattfinden soll. Auf jener Strecke in Spanien, auf der Villeneuve 1997 nach einem missglückten Rammstoß von Michael Schumacher Weltmeister wurde.

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