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Premiere League: Ein Scheich der finanzschwachen Art

Der FC Portsmouth ist nicht nur Tabellenletzter der Premier League, er steht auch finanziell vor dem Aus.

Das Finanzamt Ihrer Majestät bewies am Mittwoch Sinn für Dramatik. Wenige Stunden vor Portsmouths Spiel gegen Arsenal bestätigte Her Majesty’s Revenue and Customs, dass gegen den Erstligisten ein Zwangsauflösungsverfahren eingeleitet wurde. Die Behörde fordert seit Monaten Steuern in Höhe von 6,6 Millionen Euro von Portsmouth, und natürlich war der Zeitpunkt dieses sogenannten winding-up order wohlgewählt: Portsmouth soll pünktlich zur Öffnung des Transferfensters unter Druck gesetzt werden, seine Steuerschulden mit den Erlösen aus Spielerverkäufen zurückzuzahlen.

Portsmouth-Besitzer Ali Al-Faraj, ein saudischer Immobilien-Tycoon, muss noch mehr Rechnungen begleichen. Premier-League-Klubs, ausländische Vereine und nicht zuletzt der ehemalige Eigentümer Alexandre Gaydamak warten auf mehr als 50 Millionen Euro. Am Tag nach der 1:4-Niederlage gegen Arsenal konnte der Tabellenletzte zum dritten Mal in dieser Saison auch die Gehälter seiner Spieler nicht pünktlich überweisen. Ein Klubsprecher sprach von einem „technischen Fehler“. Bis Dienstag sollen nun die Löhne eintreffen. „Von uns weiß niemand, was hier wirklich los ist“, gab Verteidiger Steve Finnan zu. Der klamme Eigner aus dem Nahen Osten hat derweil immerhin finanzielle Unterstützung von der Basis erhalten: „Ich habe Ali Al-Faraj 1,50 Pfund für einen Kaffee geliehen“, stand am Mittwoch auf einem Fantransparent.

Die Premier League hat bereits ein Verbot von Spielerkäufen ausgesprochen, das erst aufgehoben wird, wenn der Klub ausstehende Transfersummen gezahlt hat. Das Finanzamt hat eine Gnadenfrist bis Mitte Februar gewährt. Schafft Al-Faraj es bis dahin nicht, die nötigen Gelder aufzutreiben, könnte Portsmouth als erster Premier-League-Verein überhaupt Bankrott gehen. Schon die Vorstufe dazu, ein Insolvenzverfahren, wäre aus sportlicher Sicht katastrophal. Die Statuten sehen einen Abzug von neun Punkten vor. Das vom Israeli Avram Grant trainierte Team würde mit Sicherheit absteigen.

Die Fans des Arbeitervereins sind verzweifelt. Das Unheil begann im August, als Gaydamak den Klub nach dreieinhalb erfolgreichen Jahren an Sulaiman Al-Fahim verkaufte. Der Immobilienunternehmer aus Abu Dhabi zahlte offiziell 70 Millionen Euro, hatte aber kaum Mittel für den täglichen Betrieb zur Verfügung. Die Monatsgehälter konnten nur dank eines Darlehens gezahlt werden. 40 Tage nach der Übernahme wurde Portsmouth ein zweites Mal übernommen. Doch auch der neue Besitzer, Al-Faraj, erwies sich bisher als Scheich der finanzschwachen Art.

Da der Saudi noch kein Spiel im Fratton Park besucht hat, wird in einigen Fanforen schon gezweifelt, ob Al-Faraj tatsächlich existiert, und auch Gaydamak gibt an, über „die Identität des ultimativen Besitzers“ im Unklaren zu sein. „Ich bin genauso frustriert wie die Fans und würde gerne wissen, ob und wann ich mein Geld bekomme“, sagte der 33-Jährige, dem nach eigener Aussage noch mehr als 30 Millionen Euro zustehen.

Lange wird die reichste Liga der Welt der Farce nicht mehr zusehen können. Die Geschehnisse stellen neben der Wirksamkeit der Kontrollmechanismen auf der Insel auch das gesamte Geschäftsmodell der Premier League infrage. Bisher konnten selbst stark angeschlagene Klubs und ihre Eigner stets darauf vertrauen, rechtzeitig von neuen, potenteren Investoren gerettet zu werden. Wie so oft wird in England, wenn es richtig ernst wird, aber erst mal viel gelacht. Die gegnerischen Fans haben den alten Portsmouth-Kampfschrei („Pompey, play up!“) umgedichtet. „Pompey, pay up!“, heißt es nun. Zahlt endlich.

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