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Noch eine Chance vergeben. Herthas Stürmer Theofanis Gekas legt sich gegen Dortmunds Torhüter Roman Weidenfeller den Ball zu weit vor. Foto: Reuters

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Sport: Ein Treffer und kein Tor

Berlin - Die Ostkurve war sich einig und in bester Stimmung, die Sonne blinzelte ins Olympiastadion und Hertha BSC zeigte das beste Heimspiel des Jahres. Was dem Tag sonst noch gut getan hätte, war ein Tor.

Berlin - Die Ostkurve war sich einig und in bester Stimmung, die Sonne blinzelte ins Olympiastadion und Hertha BSC zeigte das beste Heimspiel des Jahres. Was dem Tag sonst noch gut getan hätte, war ein Tor. Theofanis Gekas köpfte zwar eines, aber das mochte Schiedsrichter Lutz Wagner nicht anerkennen. Unabhängig von dieser mehr als umstrittenen Abseitsentscheidung steht zu befürchten, dass ein 0:0 gegen Borussia Dortmund zu wenig war für die Berliner, auch wenn die Konkurrenz im Abstiegskampf mal wieder geschlossen für sie spielte. „Wir werden zum Saisonende sehen, was dieses Unentschieden wert war“, sagte Herthas Torhüter Jaroslav Drobny, und der eingewechselte Mittelfeldspieler Pal Dardai sprach sich, seinen Kollegen und den Fans Mut zu: „Wir sind gut genug für diese Liga!“

Ja, vielleicht wird Hertha BSC am Ende dieser Saison sogar als spielerisch bester Tabellenletzter aller Zeiten in die Geschichte der Fußball-Bundesliga eingehen. Das ist eine Auszeichnung von zweifelhaftem Wert, aber sie zeigt, was alles möglich gewesen wäre mit dieser Mannschaft. Trainer Friedhelm Funkel hob hervor, „dass wir ein Ausrufezeichen gesetzt haben, was die Leistung angeht“.

Was sonst an Positivem bleibt, ist die offensichtlich wieder intakte Beziehung zwischen Mannschaft und Publikum. Zwei Wochen nach der Platzstürmung in Folge des 1:2 gegen Nürnberg ging nicht der befürchtete Riss durch die Ostkurve, wo die treuesten der Berliner Fans stehen. Vor 60 441 Zuschauern war es ein stimmungsvolles Fußballspiel und ein gutes dazu. Und eines, in dem das Publikum mal wieder verzweifelte an der nur mangelhaft ausgeprägten Fähigkeit, optische Überlegenheit und die daraus resultierenden Möglichkeiten in Tore umzuwandeln.

Diese Schwäche wäre das beherrschende Thema des Samstags gewesen, hätte es nicht jene denkwürdige Szene in der 78. Spielminute gegeben. Folgendes war passiert: Nach einem eher planlos geschlagenen Ball von Fabian Lustenberger stand Gekas zwar knapp im Abseits, aber die entscheidende Kopfballverlängerung auf den Kopf des Berliner Griechen kam vom Dortmunder Felipe Santana. Schiedsrichter Wagner aber interpretierte die missglückte Rückgabe des Dortmunders nicht als neue Spielsituation, und nur diese hätte Gekas bei seinem Kopfball den Status eines passiven Abseits beschert.

„Völlig richtige Entscheidung“, befand Dortmunds Trainer Jürgen Klopp. Das ist sein gutes Recht, aber es verträgt sich nicht mit dem Regelwerk. Santana hatte bei seinem missratenen Kopfball alle Zeit der Welt und reichlich andere Optionen. Dass er sich für die schlechteste entschied, darf nicht Gekas und Hertha angelastet werden. Es lag hier ein klassischer Fall einer neuen Spielsituation und damit auch der klassische Fall eines passiven Abseits vor.

Bemerkenswerterweise hatte der Schiedsrichterassistent Bastian Dankert beim Pass von Lustenberger kein Abseits angezeigt. Was Wagner hernach mit ihm an der Linie zu bereden hatte, bleibt sein Geheimnis. Für die finale Entscheidung ist er zuständig, nicht der Assistent. Vor zwei Wochen gegen Nürnberg hatte Wagners Schiedsrichterkollege Knut Kircher in einem vergleichbaren Fall gegen Hertha und damit auf Siegtor für Nürnberg entschieden, obwohl der Torschütze Charisteas zuvor „30 Meter im Abseits stand“, wie Friedhelm Funkel sichtlich verknurrt anmerkte.

Es hätte allerdings auch ohne Wagners umstrittenen Pfiff zu drei Punkten gereicht, wenn denn die Berliner ein wenig pfleglicher mit ihren Chancen umgegangen wären. Hertha hätte noch mehr Tore schießen können als vor einer Woche beim 5:1 in Wolfsburg. Dort hatte Gekas schon nach fünf Minuten getroffen und der Mannschaft damit die Sicherheit gegeben, ihr technisch anspruchsvolles Spiel durchzuziehen. Gegen Dortmund hatte Gojko Kacar schon nach zwei Minuten die Führung auf dem Fuß. In diesem Takt ging es weiter. Allein die Angreifer Gekas und Adrian Ramos hätten jeweils dreimal treffen können. Einmal wollte Gekas den Dortmunder Torhüter Roman Weidenfeller ausspielen, driftete dabei zu weit nach außen ab, so dass ein Torschuss nicht mehr möglich war. Ein anderes Mal traf er nach Lukas Piszczeks perfekter Vorarbeit den Ball nicht richtig, und als der großartige Raffael nach schönem Solo weich ins Zentrum passte, versäumten es Gekas und Kacar, den Ball ins verwaiste Tor zu kicken. Ähnlich fahrlässig vergab Adrian Ramos seine Chancen. Nach Ciceros Zuspiel versprang ihm frei vor Roman Weidenfeller der Ball, ein anderes Mal versuchte er dreist und vergeblich, den Ball aus spitzem Winkel über den langen Torhüter lupfen.

All diesen Berliner Chancen hatte Dortmund nur einen Kopfball von Lucas Barrios in der ersten Halbzeit entgegenzusetzen – und zehn gute Schlussminuten, als die bedingungslos stürmenden Berliner einige brenzlige Situationen zu überstehen hatten. Die Fans waren trotz des nicht zufriedenstellenden Ergebnisses zufrieden und verabschiedeten ihre Spieler mit Ovationen. Auch, aber nicht nur in der Ostkurve.

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