zum Hauptinhalt

Sport: Eine Runde weniger

Michael Schumacher wird in Ungarn vom Sieger Alonso überrundet und bleibt knapp WM-Spitzenreiter

Budapest. Was man sich kaum vorstellen konnte, ist doch Wirklichkeit geworden. Der Absturz von Ferrari und Michael Schumacher ging in Ungarn ungebremst weiter. Beweise dafür gab es einige: Von seinem Bruder, der am Start ans Ende des Feldes zurückgefallen war, wurde der fünfmalige Formel-1-Weltmeister deutlich distanziert, von Überraschungssieger Fernando Alonso im Renault, den auch nach seiner Trainingsbestzeit am Samstag niemand so richtig ernst genommen hatte, sogar überrundet. „Ein sehr schönes Gefühl", sagte Alonso, der mit 22 Jahren und 26 Tagen jüngste Grand-Prix-Sieger aller Zeiten, der sich als erster Spanier überhaupt in die Siegerliste eintragen konnte.

Eine Schlappe diesen Ausmaßes hatte Michael Schumacher – zumindest ohne eindeutige technische Probleme – schon ewig nicht mehr erdulden müssen. Nun ist für ihn sogar die Titelverteidigung in Gefahr geraten, denn seine Hauptrivalen holten mehr Punkte: Kimi Räikkönen (McLaren-Mercedes) als Zweiter, Juan Pablo Montoya (BMW-Williams) als Dritter und selbst noch Ralf Schumacher als Vierter. Drei Rennen vor Ende der Saison liegt Michael Schumacher in der WM-Wertung nur einen Punkt vor Montoya. Räikkönen, den einige schon abgeschrieben hatten, ist bis auf zwei Zähler herangekommen. „Jetzt ist absolut alles möglich“, sagt Räikkönen. Seine Hoffnung ist berechtigt, denn die Silberpfeile sind auch ohne das nach wie vor nicht eingesetzte neue Auto konkurrenzfähig, ebenso wie der BMW-Williams.

Im Gegenteil zu ihnen scheint bei Ferrari überhaupt nichts mehr zu funktionieren. Dass die derzeitige Misere allein nur an den Reifen liegt, wie zuletzt immer wieder behauptet, scheint nicht mehr die ganze Wahrheit zu sein. Denn selbst ein Nick Heidfeld im Sauber – auch auf den Bridgestone-Reifen unterwegs – lag im Ziel nur 23 Sekunden hinter dem Ferrari. Und Schumachers schnellste Rennrunde war keine zwei Zehntelsekunden schneller als die von Jenson Button im BAR, der ebenfalls auf den japanischen Reifen fuhr.

Es hapert offensichtlich auch an anderen Dingen. Der „Wunder-Ferrari“, wie Michael Schumachers Rennauto bei seinem Debüt in Spanien Anfang Mai noch getauft wurde, wird dem längst nicht mehr gerecht. Mit dem zu Beginn so gepriesenen Entwicklungspotenzial des Autos ist es offenbar nicht so weit her. Nicht von ungefähr wurde ja auch der Rekord auf der Ferrari-Teststrecke in Fiorano seit März nicht mehr gebrochen. Schumachers optimistische Parolen vor Ungarn entsprechen überhaupt nicht dem tatsächlichen Ergebnis. „Es ist aber auch wirklich alles schief gelaufen, was schief laufen konnte, so kann ich natürlich nicht zufrieden sein", sagte er dann auch nach dem Rennen sehr enttäuscht. So rollte Michael Schumacher zum Beispiel beim zweiten Boxenstopp nur noch gerade so an die Box. „Wir hatten uns mit dem Sprit verrechnet, der Motor war schon aus. Und wenn man hier im Feld steckt und aufgehalten wird, verliert man natürlich auch noch zusätzlich Boden, manchmal können da ein oder zwei Sekunden bei einem Stopp entscheidend sein", sagte er.

Der nur achte Startplatz nach dem Qualifying war von vornherein keine gute Basis für das Rennen. Die Rennstrecke in Ungarn galt von vornherein als eine, auf der es sich schwer überholen lässt. Dass dies aber mit einem Top-Auto und viel Einsatz doch geht, bewies Ralf Schumacher. Von Platz 18. Platz nach der ersten Runde schaffte er es noch auf Rang vier. Im Gegensatz zu ihm fuhr Michael Schumacher in der Schlussphase des Rennens zehn Runden lang hinter Jarno Trulli im Renault her, ohne ihn überholen zu können. Nach dem Start war er zumindest gegen Juan Pablo Montoya noch aggressiv zu Werke gegangen. „Ich war regelrecht erschrocken", sagte der Kolumbianer, setzte aber gleich ein süffisantes „nur hat es ihm diesmal ja nichts gebracht", hinterher.

Dass sich Ferrari im Tief befindet , zeigte auch der Ausfall von Rubens Barrichello, dem nach 19 Runden beim Abbremsen ohne ersichtlichen Grund das linke Hinterrad wegbrach. Der Brasilianer hatte Glück, dass sein Abflug ins Kiesbett ohne schwere Folgen blieb. Aber auch dadurch hat Ferrari in der Konstrukteurs-WM die Führung verloren. Das Fazit von Ferrari-Rennleiter Jean Todt: „Wir waren heute nicht konkurrenzfähig.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false