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Sport: Eisschnelllauf: Oranje-Plüschkühe in den Alpen

Internationale Meisterschaften im Eisschnelllauf haben gemeinhin einen stark niederländischen Einschlag. Denn im flachen Nachbarland ist das schnelle Gleiten auf Kufen ein Nationalsport.

Internationale Meisterschaften im Eisschnelllauf haben gemeinhin einen stark niederländischen Einschlag. Denn im flachen Nachbarland ist das schnelle Gleiten auf Kufen ein Nationalsport. Auch zu den Weltmeisterschaften der Sprinter im voralpenländischen Inzell reisten wieder zahlreiche Holländer an. Orange gewandet und bemalt, und reichlich mit orangefarbenen Plüschkühen, Holzschuhen oder Perücken bestückt. Angefeuert aber wurden alle Athleten, nur die eigenen etwas lauter. "Das ist ein richtiges Holland-Gefühl hier, das ist toll", lobte Marianne Timmer ihre Landsleute.

Der Wettbewerb der Frauen litt aus deutscher Perspektive unter den verletzungsbedingten Absagen von Sabine Völker (Erfurt) und Anna Friesinger (Inzell). Letztere war am vergangenen Wochenende bei den Europameisterschaften der Mehrkämpfer in Baselga di Pine gestürzt und hatte sich beim Aufprall auf die Bande so schwer verletzt, dass sie während der Woche auf den Start auf ihrer Heimbahn verzichtete. Zwar hätten ihr die Ärzte trotz des in Italien erlittenen Schleudertraumas und der leichten Gehirnerschütterung den Start gewährt, aber Anna Friesinger verzichtete selbst. "Wenn ich in einem wichtigen Wettkampf antrete, will ich auch topfit sein", meint sie. Die Wettbewerbe mochte sie sich gar nicht ansehen, sie blieb "zuhause vor dem Fernseher", verriet Bundestrainer Markus Eicher, "denn das hier hätte sie auch sehr geschmerzt, schließlich werden hier Zeiten erreicht, die sie locker drauf hat."

Die bösen Stürze von Baselga di Pine rückten den Aspekt der Sicherheit auch in Inzell in den Mittelpunkt. "Muss es erst Tote geben, bevor der Verband reagiert und mehr für die Sicherheit tut?", fragte Magnus Enfeldt, schwedischer Meister und Ehemann von Monique Garbrecht, in den Tagen zuvor. Deshalb stellten die Veranstalter in Inzell gleich vierzig Zentimeter breite, aufblasbare Banden auf. Das ist doppelt so dick wie vorgeschrieben. Magnus Enfeldt war zufrieden und Bundestrainer Markus Eicher auch: "Das ist eine gute Entscheidung, diese Banden hierher zu stellen", sagte er.

Die wenigen Stürze des ersten Tages blieben ohne Folgen. Ohne Anna Friesinger und Sabine Völker lastete der Erwartungsdruck des heimischen Publikums auf Monique Garbrecht-Enfeldt. Die gewann in den letzten beiden Jahren jeweils die Sprint-Weltmeisterschaft, so dass man derlei wieder von ihr erwartete. Ihr Start in den Bewerb war allerdings durchwachsen. In ihrem ersten Lauf über 500 Meter setzte sie sich zwar sogleich an die Spitze, doch unmittelbar nach ihr traten Catriona Lemay-Doan (Kanada) und Eriko Sanmiya (Japan) gegeneinander an. Beide unterboten die Zeit der Berlinerin, die mit den dritten Rang zufrieden sein mußte. "Ich denke, ich kann noch Gas geben", versprach die 32 Jahre alte Titelverteidigerin für den bevorstehenden 1000-Meter-Lauf. Und dort zeigte Monique Garbrecht-Enfeldt dann das, was alle von ihr erwartet hatten. Das Los gesellte sie ausgerechnet zur führenden Kanadierin Catriona Lemay-Doan. Derart und direkt angestachelt ließ sich Monique Garbrecht-Enfeldt nicht lumpen, gewann das Duell gegen die Kanadierin und den gesamten ersten 1000-Meter-Lauf obendrein.

Heute folgen noch je ein 500-Meter- und ein 1000-Meter-Bewerb, dann steht die neue Weltmeisterin fest. Monique Garbrecht-Enfeldt blickt voraus: "Bei den Fünfhundert wird entscheidend sein, wie nah ich an Eriko Sanmiya dranbleiben, oder sie sogar besiegen kann. Bei den Tausend wird es ein packender Kampf bis zur letzten Zehntel-, ja, Hundertstelsekunde." Nach dem ersten Tag belegte Monique Garbrecht-Enfeldt in der Gesamtwertung den zweiten Platz hinter Sanmiya und vor Lemay-Doan. Die Friesinger-Vertreterin Jenny Wolf aus Berlin war mit Platz 25 außerhalb des allgemeinen Interesses.

Die deutschen Männer liefen erwartungsgemäß hinterher. Während über 500 Meter die sechs Erstplatzierten allesamt den Bahnrekord von Inzell unterboten, landete Michael Künzel (Berlin) auf dem zwanzigsten Rang. Womöglich wäre er besser gewesen, hätte er nicht ein zweites Mal und allein starten müssen, nachdem ihn sein Gegner, der Ungar Zsolt Balo, behindert hatte und danach disqualifiziert wurde. Und auch nach dem ersten 1000-Meter-Durchgang hatte sich der Eindruck bei den Männern kaum gebessert. Wieder war Künzel bester Deutscher - mit Platz 17.

Detlef Dresslein

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