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EM  Nebenschauplatz: Ein Irland-Fan mogelt sich auf die Ersatzbank

Conor Cunningham lief den Flur entlang, bis er endlich eine Tür fand. Der irische Fan war mit neun Freunden ohne Eintrittskarte zum Relegationsspiel nach Estland geflogen und irrte nun durch das Stadioninnere.

Conor Cunningham lief den Flur entlang, bis er endlich eine Tür fand. Der irische Fan war mit neun Freunden ohne Eintrittskarte zum Relegationsspiel nach Estland geflogen und irrte nun durch das Stadioninnere. Er öffnete die Tür und fand Trainingsjacken und Ballnetze. Cunningham hatte eine Idee – und er war verrückt genug, sie umzusetzen. „Ich dachte: Jetzt spielst du einfach den estnischen Zeugwart“, erzählt er. Wenige Minuten später saß er auf der Ersatzbank und wurde weltweit bekannt.

Es war das entscheidende Spiel für Irland im vergangenen November, mit einem Sieg in Estland sollte die Tür aufgestoßen werden zur EM in Polen und der Ukraine. Schon zwei Jahre zuvor hatten die Iren durch ein Handspiel des Franzosen Thierry Henry die Teilnahme an einem großen Turnier denkbar ungünstig verpasst. „Das Spiel in Tallin wollte ich auf keinen Fall verpassen“, sagt Cunningham. Nach der weiten Anreise war er zu allem bereit, allerdings nicht zu den Mondpreisen auf dem Schwarzmarkt. Tickets mit einem regulären Preis von 14 Euro wurden für 500 Euro feilgeboten. Cunningham rannte um das Stadion, sah am Mediencenter eine offene Tür und lief drauf los. „Mein Glück war, diesen Trainingsanzug gefunden zu haben. Ich setzte mich einfach auf die Spielerbank der Esten. Von denen hat niemand Verdacht geschöpft.“

In Cunninghams Heimat allerdings merkte man jedoch relativ schnell, was in Tallin vor sich ging. Schließlich fing das Fernsehen ihn immer wieder ein, wenn die Kamera auf den estnischen Trainer schwenkte. „In den Pubs meiner Heimatstadt sind alle ausgerastet. Der Jubel war groß, ich bekam minütlich eine SMS.“ In einer davon stand: „Bist du es wirklich?“ Cunningham brachte den Beweis, indem er von da an immer die Bälle abfing, die ins Aus trudelten. Als er sie den Spielern übergab, lächelte er in die Kamera. In großem Übermut fing er auch noch an, sich zu filmen und die Bank abzuschreiten. Zu viel für den Vierten Offiziellen der Uefa, der den Iren auf die Tribüne schickte.

Doch als Irland den Auswärtssieg geschafft hatte, hielt es Cunningham nicht mehr auf seinem Sitz. Er rannte samt Ballnetz auf das Feld und feierte mit den irischen Spielern. „Sie haben sich erst gewundert, welch krass irischen Akzent der estnische Zeugwart hat. Dann habe ich ihnen meine Geschichte erzählt und sie konnten sich vor Lachen nicht mehr halten.“

Cunningham, der in seinem Heimatort Ballincollig als Fitnesstrainer arbeitet, ist auch heute beim Spiel der Iren in Posen. „Meine Freunde fordern, dass ich meinen Coup wiederhole“, sagt er. „Ich überlege noch. Nur sollte ich diesmal auf der Ersatzbank nicht so auffällig Videos drehen.“ Ron Ulrich

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