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Sport: Entscheidung in der letzten Kurve

Die sechste Etappe der Tour endet für viele Fahrer mit einem Sturz und beschert dem Italiener Bernucci den Tagessieg – Armstrong behält das Gelbe Trikot

Nancy - „Jede Sekunde zählt“, heißt Lance Armtrongs zweites Buch. Ein paar Sekunden hat der Boss im Gelben Trikot auf der Regen-, Rutsch- und Sturzetappe von Troyes nach Nancy über 199 Kilometer gegenüber seinen Rivalen eingebüßt. Alexander Winokurow, im türkisfarbenen Meistertrikot Kasachstans, demonstrierte im haarsträubend gefährlichen Streckenfinale, dass er um jede Sekunde kämpft. Er attackierte auf den letzten 2000 Metern und wurde hinter dem Überraschungssieger Lorenzo Bernucci Zweiter. „Hätte ich wegen des Sturzes von Christopher Mengin vor mir nicht den Fuß aus der Pedale nehmen müssen, hätte ich die Etappe sogar gewonnen“, sagte der Kasache mit dem ihm eigenen Selbstbewusstsein.

Durch sieben Sekunden Vorsprung und mit den zwölf Sekunden Zeitbonus für Platz zwei machte Winokurow 19 Sekunden gut und verbesserte sich vom siebten auf den dritten Rang, 1:02 Minuten hinter Lance Armstrong. Jan Ullrich kam unbeschadet über den Kurs. Nur nicht stürzen, hieß seine Maxime. Da das Malheur auf dem letzten Kilometer passierte, wurde das ganz Fahrerfeld, ob am Boden oder auf dem Rad, mit sieben Sekunden Rückstand zum Sieger gewertet. Ullrich wurde 19., Armstrong 32. Der Kapitän von T-Mobile ist 13. des Gesamtklassements – 1:36 Minuten hinter dem weiter führenden Amerikaner.

Der 25-jährige Italiener Lorenzo Bernucci aus der Mannschaft Fassa Bortolo profitierte von den Rutschpartien eingangs der 800 Meter langen Zielgeraden und errang den ersten Sieg seiner Profikarriere. Das Sturzchaos auf den drei engen, eckigen Kurven auf den letzten 2,5 Kilometern war bei dem Regen und den Wasserlachen auf den schlechten Straßen im Zentrum von Nancy abzusehen. „Man lernt einfach nichts dazu“, ereiferte sich Jens Voigt. „Diese Kurven –da ist es bei Regen vorhersehbar, dass es ordentlich scheppert.“

Der tapfere Franzose Christopher Mengin, der verzweifelt versuchte, seinen beim letzten Anstieg erkämpften knappen Vorsprung auf den letzten 15 Kilometern ins Ziel zu retten, stürzte im letzten Kurvenwinkel hinter der 1000-Meter-Marke, schlitterte in die Barrieren und löste die Fallserie aus. Bernucci und Winokurow kamen gerade noch an ihm vorbei, da bogen die restlichen Fahrer um die Kurve. Wie gestrauchelte Eisläufer rutschten die Fahrer in die Planken: Massensturz statt Massenspurt. Von einem regulären Finale konnte keine Rede mehr sein.

Von den besten Sprintern erwischte es auch Vortagessieger Robbie McEwen und den Mann in Grün, Tom Boonen. So wusste denn Robert Förster vom Team Gerolsteiner seinen dritten Rang realistisch einzuordnen. „Als alle um mich herum purzelten, hatte ich viel Platz“, sagte der 27-jährige Sachse. Heute kommt die Tour nach Deutschland, und da will der deutsche Sprinter eins draufsetzen. „Ich hoffe auf trockenes Wetter und die Unterstützung der Fans.“

Hartmut Scherzer[Nancy]

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