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Sport: Erklär mir das, Trainer

Nach der Niederlage gegen Saloniki wird Emir Mutapcic erstmals verhalten kritisiert

Berlin - In den Katakomben der MaxSchmeling-Halle legte Emir Mutapcic als erstes die graue Krawatte ab, die er während des Spiels zum dunklen Anzug und weißen Hemd getragen hatte. Die Stunden makellosen Aussehens waren vorbei, abgelaufen wie auch die vielen Jahre hervorragender Arbeit, die Mutapcic seit 1991 für den Basketball-Bundesligisten Alba Berlin geleistet hat.

Vor einem Jahr scheiterte Alba im Halbfinale um die deutsche Meisterschaft, doch mit dem Ausscheiden im international zweitklassigen Uleb-Cup ist der Verein an einem neuen Tiefpunkt angekommen. Bei der Pressekonferenz studierte Mutapcic immer wieder die Statistik zur 61:68-Niederlage gegen Paok Saloniki. So als könnten die Zahlen nicht nur über die vielen Rebounds und schwachen Distanzwürfe seines Teams Auskunft geben, sondern auch darüber, wie die entscheidenden Probleme zu lösen sind. Doch das vermochten sie nicht. „Die Spieler waren mental blockiert. Der Druck war groß“, sagte Mutapcic. Er meinte den Druck auf die Mannschaft, doch auch der Druck auf ihn selber wächst. Das Achtelfinale ist verpasst, „wir haben unser Ziel nicht erreicht, da kann man nichts schönreden“, sagte Vizepräsident Marco Baldi.

Mit dem Meistertitel oder dem Gewinn des Uleb-Cups wollte Alba umgehend wieder in die höherwertigere Europaliga zurückkehren. Doch nun folgten im Uleb-Cup auf vier Auftaktsiege fünf Niederlagen, eine Grippewelle brachte das Team völlig aus dem Konzept. Mutapcic gelang es nicht, der Mannschaft nach den ersten Misserfolgen neues Selbstbewusstsein zu vermitteln. Präsident Dieter Hauert reagierte gewohnt defensiv. „Wir haben uns geschworen, uns nicht wie im Fußball eine Trainerdiskussion aufdrücken zu lassen“, sagt er er, „je mehr dies geschieht, um so mehr stelle ich mich hinter Emir Mutapcic.“ Er wolle mit dem Trainer erst mal eine Flasche Wein leeren, „damit wir uns gegenseitig trösten können“. Hauert weiß um Albas Imageverlust in Europa: „Jetzt müssen wir nächste Jahr richtig zulangen.“

Schon vor einem Jahr, nach dem Aus im Pokal-Viertelfinale, stand Mutapcic gehörig unter Druck. Alba reagierte – mit einer Vertragsverlängerung. Dies sei „keine blinde Nibelungentreue“, sagte Baldi damals über die Zusammenarbeit mit dem Mann, der die Identifikationsfigur des Vereins ist. Mutapcic kam als Spieler und wurde im Jahr 2000 Cheftrainer. Der Nachfolger von Svetislav Pesic führte Alba zu zwei Pokalsiegen und drei Meistertiteln, ehe die Siegesserie 2004 endete. Vor einem Jahr scheiterte Alba in der Europaliga mit untereinander zerstrittenen Spielern. Das Aus im Uleb-Cup erfolgte trotz vieler neuer Spieler, die auf Mutapcics Wunsch geholt worden waren und die immer wieder betonen, wie gut sie sich verstehen. Seit Wochen herrscht jedoch Stillstand, inzwischen wird selbst aus Spielerkreisen Kritik am Trainer laut. Dieser sei nervös in Auszeiten, wenn die Mannschaft neu eingestellt werden muss.

Präsident Hauert verteidigt den Trainer in der Öffentlichkeit, doch auch er erwartet von Mutapcic, dass etwas passiert: „Er muss mir erklären, wie er das Team wieder auf Vordermann bringen will.“ Baldi ist skeptisch, dass dies schnell gelingen wird. „Ich will keinen Sisyphos-Weg vorhersagen, aber es wird schwer“, kündigte der Vizepräsident an. Durch einen einzelnen Reflex – „Spieler weg, Trainer weg oder Präsidium weg“ – komme nicht automatisch die Wende zum Besseren. Was freilich nicht bedeuten muss, dass keiner dieser Wege eingeschlagen wird.

Helen Ruwald

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