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Sport: Es geht um mehr

Die Lohndebatte bietet manchem Dortmunder Spieler die Chance, sein Image aufzubessern

Dortmund. Über Geld spricht man nicht, Geld hat man. Auf Borussia Dortmund trifft diese Weisheit im Moment nicht zu. Der einzige deutsche Fußballklub, der an der Börse notiert ist, verfügt noch immer über größere finanzielle Mittel als viele Konkurrenten in der Branche. Und doch haben die Borussen nach dem Verpassen der Champions League nicht genug Geld, um den Verlust von etwa zehn Millionen Euro aufzufangen. Also sprechen sie über nichts anderes.

Das Management verlangt von den Spielern, dass sie vorerst auf 20 Prozent ihres vertraglich festgeschriebenen Gehalts verzichten. Die Führungskräfte und Cheftrainer Matthias Sammer haben ihre Einkünfte nach eigenen Angaben schon gekürzt. Die Profis sind sich uneins. Während eine offenbar wachsende Zahl von Spielern dazu neigt, dem Vorschlag zuzustimmen, sind andere weiterhin dagegen. Eine dritte Gruppe ist unentschlossen. Diese Grüppchenbildung tut keiner Gemeinschaft gut. Insofern trifft es sich gut, dass die unterschiedlichen Fraktionen am Wochenende nicht auch noch zusammen Fußball spielen müssen.

Die aktuelle Debatte nämlich bringt manchen dazu auszusprechen, was er bisher nur gedacht haben mag. Nationalspieler Torsten Frings etwa soll sich über die Verpflichtung der hoch bezahlten Zugänge Flavio Conceicao und André Bergdölmo mokiert haben. Besonders der zuvor bei Real Madrid beschäftigte Conceicao könnte dem derzeit verletzten Frings den Platz in der Stammelf streitig machen. Frings weist den Vorwurf von sich, er habe die Situation ausgenutzt, Stimmung gegen interne Konkurrenten zu machen. „Ich habe nichts gegen den Verein oder einen Spieler gesagt“, sagt er. „Borussia kann noch 20 Spieler für meine Position holen, am Ende werde ich doch spielen.“

Frings’ Reaktion zeigt, wie heikel die aktuelle Lage ist. Vordergründig geht es ums Geld. Aber manchem Profi, der um seinen Status fürchtet, eröffnet das große Feilschen um vermeintlich sichere Gehaltsansprüche auch die Chance, das eigene Image aufzubessern. Der zum Ersatzspieler abgestiegene einstige Publikumsliebling Lars Ricken macht mit moderaten, ja verständnisvollen Tönen Eigenwerbung, die ihm auf dem Rasen seit längerem nicht mehr möglich ist. „Ich spiele seit zehn Jahren für Borussia“, sagt er. „Der Verein hat mir so viel Geld gegeben, dass ich jetzt auch etwas abgeben kann.“ Jeder könne sich ausrechnen, ob er bei anderen Klubs besser gestellt wäre. Ein Hinweis an die Spitzenverdiener in der Mannschaft. Auf deren Votum dürfte es letztlich ankommen. Wenn Stars wie Rosicky, Amoroso und Koller den Verzicht akzeptieren, fehlt es allen anderen an Argumenten, sich zu verweigern. Jan Koller sagte der tschechischen Zeitung „Lidove noviny“: „Jeder wird für sich verhandeln. Und wenn alle einlenken, werde ich auch zustimmen.“

Bisher haben dies vor allem Spieler getan, die allen Grund haben, dankbar zu sein: Routiniers wie Reuter, Wörns und Ricken schätzen den BVB als verlässlichen Vertragspartner; der junge Torwart Weidenfeller freut sich, mit 23 Jahren schon die Nummer eins zu sein. Spieler, die sich sperren, will die Geschäftsleitung nun in Einzelgesprächen einschwören. Ein vorübergehend angespanntes Betriebsklima, in dem jeder den anderen misstrauisch beäugt, nimmt Manager Michael Meier in Kauf; vielleicht beabsichtigt er es sogar. Er sagt: „Wenn einer nicht vernünftig lebt oder eine schlechte Einstellung hat, muss ihm sein Mitspieler sagen: Du nimmst mir hier die Kohle weg, weil du nicht funktionierst.“

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