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Sport: Es war schon schlimmer

Wie Herthas Niederlage in Bukarest als Wende zum Guten umgedeutet wird

Zwei Szenen auf zwei Flughäfen. Bukarest und Berlin-Tegel. Vor dem Abflug der Bundesligamannschaft von Hertha BSC aus der rumänischen Hauptstadt umringt ein Dutzend Fans Trainer Falko Götz. Das Gespräch verläuft ruhig, es herrscht eine beinahe freundschaftliche Atmosphäre. „In Bukarest wurde zumindest gekämpft, deshalb bin ich nicht so sauer“, sagt ein Fan danach.

Drei Stunden später. Die Mannschaft trifft am späten Donnerstagabend in Tegel ein. Dort warten etwa zehn Fans. Sie applaudieren höhnisch, als die Spieler vorbeilaufen, sie rufen: „Hoeneß raus!“. „Ihr seid so peinlich“, sagt einer.

Der Bundesligist Hertha BSC ist am Donnerstag durch eine 0:2-Niederlage gegen Rapid Bukarest in der dritten Runde des Uefa-Pokals ausgeschieden, als erstes deutsches Team gegen ein rumänisches. Seit 11 Pflichtspielen hat Hertha BSC nicht mehr gewonnen. Dennoch sei die Stimmung in der Mannschaft besser, als noch vor ein paar Wochen. „Es ist nicht so schlimm, wie nach dem 0:0 gegen den RC Lens zum Beispiel. Der Unterschied ist, dass wir viel befreiter aufgespielt haben“, sagt Abwehrspieler Sofian Chahed. Tatsächlich spielte die Mannschaft in der ersten Halbzeit ungewohnt offensiv und erarbeitete sich einige Tormöglichkeiten. Der verkrampfte, ängstliche Fußball der letzten Monate schien vergessen. Nach dem Gegentor zu Beginn der zweiten Halbzeit kehrte er aber überfallartig wieder zurück, die Mannschaft verfiel erneut in die aus den letzten Wochen bekannten Verhaltensmuster. Das gut 50 Minuten währende Aufbäumen gegen eine Mannschaft, aus der laut Trainer Falko Götz „zwei, drei Spieler in der Lage wären in der Bundesliga mitzuhalten“, wird nun versucht, als Anfang einer Wende zum Guten umzudeuten.

Mannschaftskapitän Arne Friedrich will in den letzten beiden Spielen „einen Aufwärtstrend erkannt haben“. Gegen Schalke 04 hatte Hertha vor einer Woche im Olympiastadion 1:2 verloren, aber bereits verbesserte Ansätze gezeigt. „Wir können uns für gute Spiele natürlich nichts kaufen. Deshalb muss am Sonntag in Duisburg ein Sieg her“, sagt Arne Friedrich.

Trainer Götz „weiß selbst, dass ich irgendwann an Ergebnissen gemessen werde“. Wenn Hertha BSC am Sonntag beim Tabellen-Vorletzten MSV Duisburg verlieren sollte, dann würde die Begegnung mit dem Tabellenletzten 1. FC Köln eine Woche später wohl zu einem Schickalsspiel für Trainer Götz. Auch wenn Manager Dieter Hoeneß von solchen Szenarien nichts wissen will: „Wir müssen in absehbarer Zeit die Kurve kriegen. In absehbarer Zeit bedeutet für mich bis zum Ende der Saison.“ Der bedindungslose Rückhalt für den Trainer könnte einen nicht ganz uneigennützigen Hintergrund haben: Hertha BSC ist hoch verschuldet, bei einer Entlassung würde Götz eine Abfindung im hohen sechsstelligen Bereich erhalten. Zu dieser Summe käme das Geld für einen neuen Trainer. Eine interne Lösung ist kaum denkbar. Kotrainer Andreas Thom war als Interimstrainer schon einmal erfolglos eingesetzt worden, die einzige Alternative wäre Karsten Heine, der Trainer von Herthas Amateuren. Die Leidensfähigkeit der Verantwortlichen von Hertha BSC dürfte sich dadurch erhöhen. Bei Niederlagen gegen Duisburg und Köln würde sich der Klub wohl dennoch dem Druck der Boulevardblätter und insbesondere der Anhänger trotzdem beugen.

Sofian Chahed ist optimistisch, dass es nicht so weit kommen wird. „Wir siegen ganz sicher in Duisburg“, sagt er. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch nicht besonders gut, sechs Stammspieler fallen definitiv aus: Malik Fathi, Niko Kovac, Marko Pantelic und Gilberto sind gesperrt. Josip Simunic und Dick van Burik sind verletzt. Bei Pal Dardai, Andreas Neuendorf und Oliver Schröder wird sich heute entscheiden, ob sie mitwirken können. Probleme werden sich für Götz deshalb vor allem bei der Zusammenstellung der Abwehr ergeben. Es gibt beispielsweise keinen Profi im Kader, der auf der linken Seite eingesetzt werden kann. „Dann müssen wir halt ohne diese Position auskommen“, sagt Falko Götz. Er wird wohl mit einer Dreier-Abwehrkette spielen lassen und davor den 32-jährigen Andreas Schmidt gemeinsam mit Sofian Chahed ins defensive Mittelfeld stellen.

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