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Kraftvoll zum Sieg: Dodi Lukebakio (blau-weißes Trikot) hat sich mit Hertha gegen Freiburg durchgesetzt.

© dpa

Etwas Ruhe nach dem ersten Sieg unter Klinsmann: Feuer und Fehler bei Hertha BSC

Es war alles andere als eine Gala gegen Freiburg. Doch dieser Sieg ist enorm wichtig und wird seine Wirkung noch richtig entfalten, glauben sie bei Hertha BSC.

Jürgen Klinsmann war etwas spät dran. Herthas energiegeladener Trainer hatte sich eben noch mit seiner Mannschaft ausgetauscht, ein paar Sequenzen aus dem Spiel vom Vortag gezeigt und die Gruppe auf die beiden bis Weihnachten noch ausstehenden Spiele eingeschworen. „Wir brauchten die drei Punkte unbedingt, die haben wir jetzt erst einmal geholt“, sagte der 55-Jährige am Tag nach dem 1:0-Heimsieg über den SC Freiburg.

Nein, der erste Heimsieg seit einer gefühlten Ewigkeit war kein fußballerisches Kunstwerk, gleichwohl setzen alle Beteiligten darauf, dass dieser erkämpfte Erfolg seine Wirkung noch so richtig entfalten werde. „Das war für das Selbstvertrauen gut, jetzt haben wir ein bisschen Ruhe“, sagte Klinsmann. Doch die Aufgaben werden nicht kleiner. Am Mittwoch tritt Hertha BSC in Leverkusen an, Samstag drauf kommt dann Mönchengladbach zum Hinrundenabschluss.

Die Spieler zögen alle mit, „das Feuer ist da bei den Spielern“, so Klinsmann, nur so komme man da unten wieder raus. „Wir haben viel Zuversicht und den unbedingten Willen, in Leverkusen zu punkten“, sagte Klinsmann. Wenn das 2:2 vor einer Woche bei Eintracht Frankfurt ein bisschen was für die Seele war, so dürfte der erste Sieg unter Klinsmann den Kopf stärken. Oder, wie der Trainer es formulierte: „Die Köpfe werden etwas leichter.“

Von Mitte Oktober bis Ende November war Hertha durch die Tabelle gefallen. Die Mannschaft, die zuvor von Ante Covic durcheinandergecoacht worden war, war völlig verunsichert. Spieler und Trainer, selbst Manager Michael Preetz wirkten am Ende ratlos und erschöpft.

Klinsmann hat dem labilen Gebilde mit seiner dynamischen und grundoptimistischen Art wieder etwas Halt verliehen. Vor allem wirkte er in den vergangenen zweieinhalb Wochen im übersinnlichen Bereich, weniger im technisch-taktischen. Wie eine Powerbank hat er der Mannschaft und dem verbliebenem Staff Energie und einen neuen Glauben eingehaucht.

Geduld der Fans arg strapaziert

„Dass die Mannschaft besser Fußball spielen kann, wissen wir alle, aber dort, wo die Mannschaft steht, geht es nur über Arbeit.“ Klinsmann versuchte erst gar, das spielerischen Tun seines Teams besser zu reden als es war. Die Pfiffe von Teilen des Publikums waren unüberhörbar. Einige sprachen hinterher von einer Zumutung. Für Klinsmann sind das „emotionale Momentaufnahmen“, die durchaus verständlich seien. Man habe gewusst, dass es kein schönes Spiel werden würde, wichtig sei ihm gewesen, dass die Fans eine Mannschaft sahen, die gewillt war, alles zu geben – Fehler und Nervosität inklusive.

„Ich gönne es Hertha, aber es ärgert mich wahnsinnig“, hatte nach dem Spiel ein zerknirscht wirkenden Freiburger Trainer Christian Streich gesagt. Leider habe es seine Mannschaft, die als Tabellenfünfter angereist war, nicht verstanden, aus der Angeschlagenheit Herthas Kapital zu schlagen. „Hier war viel mehr möglich gewesen“, sagte Streich, „mehr als in Köpenick. Die Unioner waren besser.“ Im Oktober hatte Herthas Stadtrivale den Sportclub erst in der Liga (2:0) und anschließend im DFB-Pokal (3:1) bezwungen

„Wir wissen, dass da noch viel Luft nach oben ist, aber die Grundtendenz ist positiv“, sagte Klinsmann am Sonntag. Auch die Spieler gaben sich selbstkritisch, warben aber gleichzeitig um Verständnis. „Wir Spieler sind auch Menschen, wir leiden auch darunter. Manchmal sieht es so aus, als ob es uns scheißegal ist – aber das ist es nicht. Wir haben so einen dreckigen Sieg gebraucht“, sagte Kapitän Vedad Ibisevic. „Ich hoffe, der Sieg verleiht uns Selbstvertrauen“, sagte der Torschütze Vladimir Darida, „und dann können wir auch wieder ein bisschen mehr fußballerische Qualität zeigen.“

Große Hoffnung legt der 29 Jahre alte Tscheche in die Vorbereitung auf die Rückrunde. „Dann haben wir mehr Zeit, etwas zu probieren und zu lernen“, sagte er. Dass Jürgen Klinsmann den Urlaub der Profis um vier Tage verkürzt hat und sie noch vor dem Jahreswechsel zum Trainingsstart bittet, kann Darida sogar verstehen. Frau und Kind seien nicht so glücklich, „aber in dieser Phase jetzt können wir nicht einfach zu Hause liegen.“

Jürgen Klinsmann hätte es nicht trefflicher ausdrücken können. Die Mannschaft müsse mehr machen, „um so auf höhere Touren zu kommen“, wie es sagte. Nach der verkürzten Winterpause „können wir mit hohem Tempo in Richtung Rückrunde planen“.

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