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Da legst di nieder. Gomez’ spätes Siegtor streckt Inters Torwart Cesar zu Boden und wirkt stimmungsfördernd auf die Bayern.

© AFP

Europapokal: Die alten Bayern sind zurück

Gegen Mailand präsentierte sich das Team vom FC Bayern sehr gut eingestellt und clever. Nach dem Erfolg diskutieren die Münchner bereits die Höhe des Sieges gegen Dortmund.

Es war an der Zeit, auf den Punkt zu kommen. Das spürte Karl-Heinz Rummenigge. Der neue Tag hatte schon begonnen. Auf den Tischen des Büfetts türmten sich Delikatessen, derweil den Familienmitgliedern des FC Bayern die Mägen knurrten. „Und Louis schaut schon gierig auf seinen Rotwein“, stellte Rummenigge fest. Bevor der Vorstandschef also zum Heben der Gläser rief, sah er sich in der Pflicht, „Wasser in den Wein zu gießen. Wenn man solche Spiele sieht, möchte man sagen: Macht einen drauf“, sprach Rummenigge. „Aber leider ist am Samstag Dortmund bei uns zu Gast. Lieber Louis, liebe Mannschaft, wir müssen weitermachen.“

Die Rede war noch keine fünf Minuten vorbei, da verließen die meisten Spieler nach schnellem Essen das Bankett, das der FC Bayern traditionell nach Auswärtsspielen in der Champions League für Freunde und Sponsoren ausrichtet. Oben auf den Hotelzimmern würde sich vielleicht noch ein Duell an der Spielkonsole ergeben oder ein Plausch mit Mark van Bommel, der zwar inzwischen beim AC Mailand beschäftigt ist, aber als weiterhin geschätztes Familienmitglied zum Bankett eingeladen war. Der größte sichtbare Exzess war ein kleines Bier, das sich Thomas Müller an der Bar holte – vermutlich nichts weiter als eine Einschlafhilfe. Wenn es einer solchen überhaupt bedurfte.

Torhüter Thomas Kraft machte seine Sache gut

Denn die Spieler des FC Bayern nahmen dieses 1:0 (0:0) in einem aufregenden Achtelfinal-Hinspiel der Champions League beim Titelverteidiger Inter Mailand so tiefenentspannt hin, als kämen sie gerade von einem Meditationskurs in einem tibetischen Bergkloster. Kein Wort des Überschwangs war ihnen zu entlocken. „Ich hab’ ordentlich gehalten, ich hab’ gut gehalten, des war okay“, sagte Torhüter Thomas Kraft in seinem gemächlichen Westerwäldlerisch. „Aber perfekt war’s net.“ So weit die Selbsteinschätzung des Mannes, den Trainer Louis van Gaal erst im Winter zur Nummer eins gemacht hatte und der die hochwertige Inter-Offensive, namentlich Samuel Eto’o, mit zahlreichen Paraden der Kategorien „glanzvoll“ bis „Weltklasse“ gepiesackt hatte.

Müller sagte über Kraft: „Ich wüsste nicht, warum er hätte aufgeregt sein sollen. Klar ist das hier das Giuseppe-Meazza-Stadion. Aber wenn der Schiri anpfeift, ist es egal, ob man gegen Sandhausen spielt oder gegen Mailand.“ Und besonderes Lob sei nicht nötig, fand Müller: „Heute hat er alle Bälle, die aufs Tor kamen, gehalten. Aber ich erwarte auch von einer Nummer eins beim FC Bayern, dass er das gut macht.“ Hier sprach, wohlgemerkt, ein 21-Jähriger in seiner zweiten Champions-League-Saison als Stammspieler über einen 22-Jährigen, der gerade sein drittes Champions-League-Spiel überhaupt hinter sich gebracht hatte.

Gibt Europa den nötigen Schwung für die Bundesliga?

Diese Souveränität war die logische Fortsetzung des vorangegangenen Spiels. Der eine oder andere Schreckmoment ist gegen einen Gegner wie Inter unvermeidlich. Aber insgesamt präsentierte sich van Gaals Mannschaft diesmal exzellent ausbalanciert. Als clever entpuppte sich die Idee des Trainers, wider seine Spielphilosophie einen Mann mit einer Sonderaufgabe zu betrauen. Luiz Gustavo kümmerte sich fürsorglich um Wesley Sneijder. Und obwohl sie selbst auch viele Torgelegenheiten kreiert hatten, hätten die Bayern auch mit einem 0:0 bestens leben können. Dass Gomez in der 90. Minute seinen siebten Treffer im Wettbewerb abstaubte, schien kaum mehr als ein schönes Betthupferl. Thomas Müller mahnte: „Wenn wir im Rückspiel eins auf die Mütze kriegen, haben wir gar nichts erreicht.“

Und auch Rummenigge sagte: „Jetzt müssen wir es schaffen, die Konzentration hochzuhalten.“ Es war eine Floskel mit ernstem Hintergrund. Schon öfters haben die Bayern in dieser Saison nach einem oder zwei Erfolgserlebnissen gedacht, nun gehe es endlich richtig aufwärts. Stets folgte dann ein Klops wie das 3:3 nach 2:1-Führung in Gladbach oder das 2:3 nach 2:0 in Köln. Nun kommt ihnen zupass, dass ein namhafter Gegner beziehungsweise ein Tabellennachbar auf den anderen folgt: erst Mainz und Mailand, ab jetzt Dortmund, Schalke (im Pokal), Hannover, Hamburg und wieder Mailand. Da sinkt die Verlockung zur Nachlässigkeit, zugleich bietet sich die Gelegenheit, das ramponierte Selbstverständnis wieder zurechtzurücken. Vereinspräsident Uli Hoeneß hat für die Partie gegen Dortmund schon einen Sieg mit zwei Toren Vorsprung vorhergesagt. Rummenigge sagte dazu: „Ich gewinne gern auch höher.“

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