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Michael Ballack

© dpa

FA-Cup: Ohne vieren

Erstmals seit Jahren wird keiner der Big Four in England den FA-Cup holen, den Pokal mit der höchsten Tradition im Mutterland des Fußballs. Auch Chelsea und Manchester United sind raus. Jetzt schlägt die Stunde von Teams wie West Bromwich Albion oder Bristol Rovers und natürlich FC Barnsley.

Von Markus Hesselmann

Simon Chadwick kommt sich vor wie ein Prophet, dessen Mahnungen sofort erhört werden. Der Sportwissenschaftler von der Universität Coventry hat englische Fußballfans zu ihrer Meinung über den FA-Cup befragt. „Langweilig, vorhersagbar, dominiert von den Großen“ – so fand die Mehrheit den traditionsreichen Wettbewerb. Zu groß war zuletzt die Übermacht der vier Großen Arsenal, Chelsea, Liverpool und Manchester United. Dann kam dieses Wochenende, das Viertelfinale. Am Samstagmittag schied Manchester United aus, mit einem 0:1 daheim gegen den FC Portsmouth, immerhin noch ein Konkurrent aus der Premier League. Ein paar Stunden später erwischte es Chelsea, ebenfalls mit einem 0:1. Allerdings gegen einen Klub aus der zweithöchsten Klasse, den FC Barnsley, der dort auch noch gegen den Abstieg kämpft. Der Klub aus Süd-Yorkshire hatte in der Runde zuvor bereits den FC Liverpool an der Anfield Road besiegt. Arsenal war bei Manchester United ausgeschieden.

Chelsea spielte gegen Barnsley mit Michael Ballack und den anderen Stars außer Frank Lampard und Didier Drogba. „Sie waren nicht ganz fit“, sagte Trainer Avram Grant und wollte damit Vorwürfe entkräften, dass er in dieser entscheidenden Phase des Wettbewerbs womöglich wichtige Spieler geschont habe. „Das ist für mich der enttäuschendste Tag bislang bei Chelsea“, sagte Grant. „Aber vielleicht ist der Pokal in diesem Jahr nicht für die großen Teams da.“

Was klingt wie eine billige Entschuldigung, benennt eine Hoffnung von Leuten wie Chadwick, die ein Auseinanderdriften der Fankulturen befürchten. Hier die erfolgsverwöhnten Fans der großen Vier, für die nur noch die Spitzenspiele der Premier League und die Champions League wichtig sind. Dort das Fußvolk der vielen anderen Klubs, das in der Liga auf keine Erfolge mehr hoffen darf und seit einiger Zeit nun auch noch den FA-Cup abschreiben muss. „Früher war der Pokal genauso wichtig wie die Liga“, sagt Chadwick. Wegen der großen Tradition. Barnsley zum Beispiel hat 1912 zuletzt den FA-Cup gewonnen, zehn Tage nach dem Untergang der Titanic. Und das war bereits das 41. Finale in der Geschichte des Pokals. Da ist die Liga mit dem Geburtsjahr 1888 nur der jüngere Bruder.

Seit vor 20 Jahren der FC Wimbledon das Finale gewann, war nur zweimal keiner der großen Vier erfolgreich. Und das waren mit Tottenham 1991 und Everton 1995 zwei Mannschaften, die auch in der Liga öfter vorn mit dabei sind. Danach machten die Big Four den Wettbewerb unter sich aus. Diesmal kommt alles anders. Und der Sieger heißt Barnsley oder Portsmouth oder Middlesbrough oder Cardiff City oder West Bromwich Albion oder Bristol Rovers. Die vier letztgenannten Teams spielten ihr Viertelfinale am Sonntag nach Redaktionsschluss.

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