zum Hauptinhalt

Sport: FC Energie Cottbus: Moussas Rollentausch

Moussa Latoundji wurde eine ehrenvolle Aufgabe übertragen. Er sollte einen 25 Millionen Mark teuren Fußballprofi möglichst perfekt nachahmen, jedenfalls vom taktischen Verhalten her.

Von Karsten Doneck, dpa

Moussa Latoundji wurde eine ehrenvolle Aufgabe übertragen. Er sollte einen 25 Millionen Mark teuren Fußballprofi möglichst perfekt nachahmen, jedenfalls vom taktischen Verhalten her. Nun ist Latoundji selbst Fußballprofi, und zwar beim FC Energie Cottbus. Einer, der es auf 14 Länderspiele für Benin gebracht hat. Sein eigener aktueller Marktwert ist schwer zu taxieren. 500 000 Mark vielleicht? Oder ein bisschen mehr. Wer weiß? Aber 25 Millionen Mark - da müsste die Inflation im Weltfußball schon in ungeahntem Tempo davongaloppieren, damit einer wie Latoundji eine solche Wertsteigerung erfährt.

25 Millionen - diese Summe hat sich Borussia Dortmund die Verpflichtung des Tschechen Tomas Rosicky kosten lassen. Der teuerste Transfer der Bundesliga, bisher jedenfalls. Die Spirale der Wucherpreise für mehr oder weniger muskelbepackte Fußballerbeine wird sich weiter nach oben drehen.

Der Bundesliga-Spielplan will es so, dass dieser Rosicky heute sein Debüt bei den Schwarz-Gelben gibt. Auf der Gegenseite steht - der Aufsteiger Energie Cottbus.

Die Lausitzer ihrerseits vertraten ja stets die Meinung, sie hätten sich vor der Saison recht kostspielig verstärkt. Als teuersten Transfer ihrer Vereinsgeschichte vermeldeten sie den Ungarn Ferenc Horvarth. Eine Million Mark kostete der - und ist mittlerweile schon wieder abgewandert.

Im Trainingsspielchen am Donnerstagvormittag im Cottbuser Stadion der Freundschaft ließ Energie-Trainer Eduard Geyer also für den Auftritt in Dortmund üben. Grünhemden spielten gegen Bunthemden. Die Grünen - das war die gedachte erste Elf. Und den Bunten fiel die Aufgabe zu, taktisch ein bisschen wie Borussia Dortmund aufzutreten. Und zwar mit Latoundji in der Rolle von Rosicky. "Ich erwarte bei Dortmund Tomas Rosicky und Lars Ricken hinter den beiden Spitzen", erklärte Geyer. Jörg Scherbe und Bruno Akrapovic wechselten sich beim Üben des Ernstfalls mit der Bewachung Latoundjis alias Rosicky ab.

Angst und Schrecken jagt der Neu-Dortmunder dem Bundesliga-Neuling nicht unbedingt ein. Geradezu despektierlich äußerte sich Jörg Scherbe in der heimatlichen Presse über seinen möglichen Gegenspieler. "Ich bin ja", wird der 23-Jährige in der "Lausitzer Rundschau" zitiert, "auch kein Mordstier mit übermäßig breiten Schultern. Aber als ich diesen Jüngling sah, dachte ich, der spielt doch garantiert noch in der A-Jugend." Rosicky ist 20 jahre jung, bringt 66 Kilo auf die Waage, was bei 1,79 m Körpergröße fast den Verdacht auf Ernährungsdefizite weckt.

Neid, dass sich die Dortmunder solche Einkäufe leisten können, herrscht in Cottbus keineswegs. Geyer reagiert bei derlei Transfergeschäften ohnehin eher mit Verständnislosigkeit. "Ich halte das nicht für tragbar, und zwar für den Fußball insgesamt", sagt der Trainer, auch wenn er erkannt hat: "Andere Länder machen ja noch ganz andere Sprünge." Und dann entwickelt Geyer auch zaghaft Mitleid für einen so teuren und noch so jungen Star wie Rosicky: "Der muss das doch immer im Hinterkopf haben, was er gekostet hat. Wie soll er da im Kopf frei werden?"

Eine bisschen Blockade im Kopf von Rosicky könnte zumindest heute Energie Cottbus durchaus dienlich sein. Denn vielleicht ist dieser 25-Millionen-Mann dann ja auch genauso leicht zu halten wie Energies Moussa Latoundji im Trainingsspielchen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false