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Genug geredet. 2012 durfte Sutil nur zuschauen, nun ist er wieder am Start.

© dpa

Formel 1: Adrian Sutil: Schneller durch Nachdenken

Nach einem Diskostreit und einer Bewährungsstrafe schien die Karriere von Adrian Sutil beendet. Doch er erhielt eine zweite Chance: Nach einem Jahr Pause kehrt er beim Saisonauftakt in Australien gereift in die Formel 1 zurück.

Am ersten Trainingstag der neuen Formel-1-Saison gab es einen Fahrer, der allgemeine Aufmerksamkeit erregte. Nein, nicht Sebastian Vettel. Dass der dreimalige Weltmeister in beiden Trainingsdurchgängen im Albert Park vorn lag, war keine Überraschung. Die Leute staunten über Adrian Sutil, der die Hierarchie ein wenig durcheinander brachte. Der Formel-1-Heimkehrer hängte im Force India nicht nur seinen Teamkollegen Paul di Resta deutlich ab, sondern hielt auch zeitweise mit den Spitzenteams mit. Auf einer längeren Ausfahrt, in der mit viel Benzin im Tank eine Rennsituation simuliert wurde, konnte er sogar fast an Vettels Red Bull dranbleiben. Für die heutige Qualifikation (7 Uhr/RTL und Sky) hat Sutil deswegen ein gutes Gefühl. „Wir liegen aussichtsreich im vorderen Teil des Mittelfelds“, sagt er. „Alles ist möglich.“

Dabei schien Sutils Karriere schon an einem Champagnerglas zerbrochen zu sein. Denn die Geschichte, die sich 2011 in einer Disco in Schanghai ereignete, trug maßgeblich zu seinem unfreiwilligen Sabbatjahr bei. Damals hatte Sutil den Geschäftsmann und Lotus-Mitbesitzer Eric Lux im Streit mit einem Glas am Hals verletzt. Die Strafe umfasste 18 Monate Haft auf Bewährung, eine Geldzahlung von 200 000 Euro und zu allem Überfluss den Verlust des Formel-1-Cockpits. Sutil räumte „einen großen Fehler“ ein und bat um eine zweite Chance. Ein Jahr lang wartete er. Statt in einer anderen Rennserie anzutreten, setzte er alles auf die Formel- 1-Rückkehr. Während der Rennen vertrieb er sich als Fernsehexperte die Zeit, zwischendurch trainierte er seinen Körper im Kraftraum und seine Reflexe im Fahrsimulator. Dann wurde er erlöst. Sein altes Team nahm ihn kurz vor dem Saisonstart zurück, nachdem er sich im Kampf um das freie Cockpit gegen den Franzosen Jules Bianchi durchgesetzt hatte.

Wer nun erwartet, dass Adrian Sutil nach seiner Rückkehr reumütig und scheu durchs Fahrerlager schleicht, der liegt falsch. „Ich bin hier, um Erfolg zu haben“, sagt der 30-Jährige selbstbewusst. „Es muss ganz nach oben gehen.“ Diese klare Sprache wird Sutil gern als Arroganz ausgelegt. Er selbst versteht nicht, was falsch daran sein soll, seine Ziele auch weiterhin offen auszusprechen. Da fällt dann logischerweise auch wieder das Wort vom Weltmeistertitel: „Ich weiß nicht, wann es mir gelingt, Weltmeister zu werden, aber das Ziel ist klar vorgegeben.“

Diesen Adrian Sutil kennt man. Die Zwangspause hat den Gräfelfinger aber auch verändert. „Mental bin ich definitiv stärker als 2011“, sagt er. Diese neue mentale Stärke bezieht sich nicht unbedingt nur auf die Zeit im Cockpit. Der Adrian Sutil von heute macht den Eindruck eines Menschen, der in sich selbst ruht und der nicht mehr so viel auf Meinungen von außen gibt. Das ist das Ergebnis der zwölf Monate, die Sutil auch dazu nutzte, sich zu erholen und über sein Leben nachzudenken. „Der Job ist so stressig, man hat nie Zeit, sich über Dinge Gedanken zu machen, sondern muss immer auf den Punkt Leistung bringen“, erklärt er. Nun fühle er sich entspannter und habe ein anderes, positiveres Gefühl, wenn er im Auto sitze. „Ich bin durch schlechte Zeiten gegangen“, sagt er. „Umso besser fühlen sich die guten Zeiten jetzt an.“

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