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Motorsport: Formel 1: Chaos mit Raketen

Die Formel 1 lockte kleine Teams an und bekam vor allem Problemfälle – nun sollen 24 Autos starten.

Berlin - Ist die neue Formel 1 schon vor dem Saisonstart Geschichte? Max Mosley hatte diesen Begriff geprägt, weil man sich nicht weiter auf die großen Hersteller verlassen dürfe. Man brauche neue Privatteams, um auch in Zukunft volle Starterfelder zu haben, hatte der frühere Präsident des Automobil-Weltverbands Fia erklärt. Doch knapp eine Woche vor dem ersten Rennen musste das schon länger kritisch beäugte amerikanische Team USF1 das Handtuch werfen und verkünden, in dieser Saison nicht anzutreten. Damit werden am 14. März in Bahrain nur zwölf Teams an den Start gehen, denn die Fia beschloss, dem Projekt StefanGP trotz massiver PR-Kampagne keinen Startplatz mehr zu gewähren. Das Unternehmen des serbischen Waffenhändlers Zoran Stefanovic, der auf seiner Homepage schon mal eine Boden-Luft-Rakete anbietet, erschien wohl doch zu fragwürdig. Stefanovic wollte die Überreste von Toyota nach dem Ausstieg der Japaner aufkaufen, hat dafür aber bis jetzt wohl noch nicht bezahlt.

Die neue Formel 1 hatte Mosley ins Leben gerufen, um dem Verfall der Rennserie durch die (Quasi-)Ausstiege von Toyota, BMW und Renault entgegenzuwirken. Die Neuen, die dann in einer großen Bewerbungsaktion gesucht wurden, hatten nur ein großes Problem: Ihre Einschreibung erfolgte unter völlig anderen Voraussetzungen als den heute tatsächlich gegebenen. Die angekündigte Budgetgrenze von erst 33, dann 45 Millionen Euro wurde genauso wenig Wirklichkeit wie technische Sonderregeln für die Neueinsteiger. Jetzt müssen sie unter nur rein theoretisch gleichen Bedingungen mit den Etablierten konkurrieren. Das wurde USF1 schließlich zum Verhängnis.

Immerhin präsentierte sich am Donnerstag in Spanien in letzter Sekunde ein Rennstall unter dem Namen Hispania Racing Team (HRT F1). Jenes Team, das noch unter der Bezeichnung Campos wegen finanzieller Probleme bis Mitte Februar kurz vor dem Aus stand. Jetzt müssen die beiden Fahrer Bruno Senna und Karun Chandhok, zwei Formel-1-Neulinge, in Bahrain zum Saisonstart ohne jeden Test antreten. „Optimal ist das natürlich nicht“, sagt Senna, der Neffe der Formel-1-Legende Ayrton Senna, „aber wir müssen halt jetzt das Beste daraus machen. Dass wir überhaupt in Bahrain sein werden, ist eine tolle Leistung.“

Das Virgin-Team hatte sein Auto ein bisschen früher fertig, doch wie groß die Substanz des Rennstalls ist, ist noch immer unklar. Der erste Test der Piloten Timo Glock und Lucas di Grassi in Jerez geriet mangels Ersatzteilen zum ziemlichen Debakel, inzwischen hat man immerhin einige Probleme gelöst. Glock ist allerdings realistisch: „Zuviel darf man am Anfang sicher nicht erwarten. Ich glaube aber mittelfristig an das Potenzial der Truppe.“

Ebenfalls zumindest an den Start schafft es Lotus, das nach dem BMW-Ausstieg als vierter Neuling nachrückte. Mit dem alten, klassischen Lotus-Team, das bis in die 80er Jahre Formel-1-Geschichte schrieb, hat diese neue Truppe allerdings nur den Namen gemein. Dahinter stecken das Land Malaysia, der Hersteller Proton und der umtriebige Geschäftsmann und Fluglinienbesitzer Tony Fernandes. Sie haben zumindest einmal ein Auto gebaut, das recht zuverlässig fährt. Wie die Virgin-Piloten fuhren allerdings auch Heikki Kovalainen und Jarno Trulli im Lotus beim Testen vier bis fünf Sekunden hinter der Spitze her.

Das Auffüllen des Feldes mit solchen Sonntagsfahrern mag auf den ersten Blick wenig Sinn machen. Bis vor ein paar Jahren waren solche Abstände der hinteren Teams allerdings durchaus normal. Etwa beim Rennstall Spyker, der heute als Force India im vorderen Mittelfeld fährt. Ein bisschen Geduld mit den Neuen ist also angesagt. Denn die alte Formel 1 wird so schnell nicht mehr zurückkommen.

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