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2014 wurde noch ein Rennen in Deutschland ausgetragen. 2015 ist das eher unwahrscheinlich.

© Reuters

Formel 1 in Deutschland vor dem Aus: Letzter Hilferuf aus Hockenheim

Der Abwärtstrend in der Formel 1 geht immer weiter. Nun scheint es auch das traditionsreiche Rennen in Deutschland zu erwischen. Eine logische Folge der momentanen Entwicklung findet unser Autor in seinem Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Hönicke

Der Grand Prix von Deutschland war mal eine große Sache. Ein Symbol der Wirtschafts- und Autonation. Auch ohne deutsche Spitzenpiloten strömten Jahr für Jahr Zigtausende nach Hockenheim oder an den Nürburgring. Doch in diesem Jahr wird die Formel 1 wohl erstmals seit 1960 einen Bogen um Deutschland machen. „Wir rechnen nicht mehr damit, dass in Hockenheim 2015 ein Grand Prix stattfindet“, sagte Georg Seiler, der Geschäftsführer des Hockenheimrings, dem „Mannheimer Morgen“. In der kurzen Zeit bis zum 19. Juli sei eine seriöse Organisation des Großen Preises nicht mehr möglich. Auch die Chancen für ein Rennen auf dem insolventen Nürburgring sind laut eigener Aussage nur noch theoretischer Natur.

Seilers Worte können als letzter Hilferuf gedeutet werden, dass sich doch noch irgendjemand des Wahrzeichens Grand Prix von Deutschland annimmt. Vor allem Mercedes darf sich angesprochen fühlen, und vielleicht springt der Autobauer tatsächlich noch mit einer Finanzhilfe ein, um das chronisch defizitäre Rennen im Heimatmarkt zu retten. Doch das wäre nur eine kurzfristige Wiederbelebungsmaßnahme. Der Große Preis von Deutschland leidet nämlich an der Formel 1 selbst.

In den letzten Jahren hat die Rennserie ein Viertel ihrer Fernsehzuschauer verloren

Zwar machte Niki Lauda die angeblich ideenlosen Streckenbetreiber im Tagesspiegel-Interview für die Misere verantwortlich. Der Mercedes-Aufsichtsratschef forderte sie auf, „aus dem ganzen Wochenende ein Event“ zu machen, um mehr Zuschauer an die Strecke zu locken. Er verkennt aber, dass es dabei nicht auf die Rahmenveranstaltungen ankommt, sondern auf den Hauptact. Und der ist schwach. Die neue Ökoformel mit den leisen Hybridmotoren, immer weniger Autos und vorhersehbare Mercedes-Siege interessieren immer weniger Menschen – und zwar weltweit. In den letzten Jahren hat die Rennserie ein Viertel ihrer Fernsehzuschauer verloren, beim ersten Saisonrennen in Melbourne am Wochenende ging der Abwärtstrend ungebremst weiter.

So halten sich selbst in der deutschen Rennszene Wut und Trauer in Grenzen. Der Große Preis fällt aus, und keinen interessiert’s: Das ist die Formel 1 2015 in Deutschland. Und wenn sich nichts ändert, werden bald weitere Länder folgen.

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