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Lewis Hamilton hat seine früher immer mal wieder auftretenden Leistungsschwankungen abgestellt.

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Formel 1: Lewis Hamilton: Ende des Übermuts

Lewis Hamilton hat seine Fehler abgestellt und fährt seinem zweiten Titel in der Formel 1 entgegen. Lediglich Nico Rosberg kann ihm den Titel noch streitig machen - doch kaum jemand glaubt noch an Rosbergs Chancen im Titelduell.

Fünf Siege in Serie, insgesamt schon zehn in dieser Saison, nach nicht optimalem Qualifying im Rennen wieder eine perfekte Vorstellung: Lewis Hamilton ist nach seinem Sieg beim Grand Prix der USA in Austin eindeutig auf dem Weg zu seinem zweiten Titel in der Formel 1. Aus eigener Kraft kann ihn sein Teamkollege Nico Rosberg nicht mehr schlagen. Sollte Rosberg die letzten beiden Rennen in Brasilien und Abu Dhabi gewinnen, reichen Hamilton auch zwei zweite Plätze knapp zum Titelgewinn – trotz der doppelten Punkte beim Finale. Dass nur noch einer der beiden Mercedes-Piloten Weltmeister werden kann, ist ebenfalls klar: Auch rein mathematisch ist der bis Austin letzte verbliebene Außenseiter, Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo, aus dem Rennen.

Eigentlich kann Rosberg nur noch darauf hoffen, dass sein Rivale in einem der beiden Rennen massive Probleme bekommt, eventuell sogar ausfällt. Denn wenn die beiden Silberpfeile normal durchfahren, dann feiern sie fast sicher auch einen Doppelsieg. Das kurioseste Szenario, das man sich vorstellen kann: Hamilton gewinnt in Brasilien, Rosberg fällt dort aus – dann käme der Brite mit 49 Punkten Vorsprung zum Finale. Scheidet er dann aber dort aus und Rosberg gewinnt, ist der Deutsche mit einem Zähler Formel-1-Weltmeister. Bis jetzt ist das nur ein Rechenexempel – aber eines, dass die Fairness der Regel mit den doppelten Punkten am Ende deutlicher als alles andere infrage stellt. Dass die meisten Rosberg in so einem Szenario dann als Glücksweltmeister titulieren würden, käme nicht von ungefähr.

Lewis Hamilton hat seine Leistungsschwankungen abgestellt

So oder so: In den letzten Rennen, seit Spa, hat Hamilton bewiesen, dass er seinen Konkurrenten wieder deutlich im Griff hat. Nichts ist mehr zu sehen von den früher immer mal wieder auftretenden Leistungsschwankungen, von Fehlern aus Übermut, von Ablenkungen durchs Privatleben. Rapper-Optik und schwere Goldketten hin oder her – auf der Strecke macht der 29-Jährige zurzeit einen perfekten Job. Was dabei ein bisschen überrascht: Im Qualifying-Duell, wo alle eher Hamiltons Stärke vermutet hatten, beim reinen Speed-Duell auf eine Runde, da hat Rosberg die Nase vorn. Aber auf eine komplette Renndistanz, wo alle Experten lange Zeit eher Vorteile für den Deutschen vermutet hätten, bei Reifenmanagement, Energieeinteilung, cleverem Nutzen der Technik, da ist Hamilton zuletzt immer wieder deutlich vorn, macht eher Rosberg die Fehler.

Auch in Austin war es Hamilton, der beim ersten Boxenstopp seinen Frontflügel verstellen ließ. „Etwas, was eigentlich beim Wechsel von weichen auf härtere Reifen ziemlich normal ist“, wie der britische Ex-Formel-1-Pilot und Sky-Experte Martin Brundle feststellte. Rosberg verzichtete darauf – und bekam prompt massive Probleme, so dass Hamilton 3,6 Sekunden Rückstand in wenigen Runden aufholen und dann auch recht problemlos überholen konnte. Ein Manöver, mit dem er seinen Kontrahenten überraschte, so dass Rosberg nicht mehr wirklich dagegen hielt.

Hinterher gab der unterlegene Mercedes-Pilot zu, in der Situation noch einen weiteren Fehler gemacht zu haben: „Als Lewis angriff, habe ich am Lenkrad extra Elektro-Power angefordert“ – aber mit dem falschen Knopf. Er nahm den Schalter hinter dem Lenkrad, der Knopf auf der Lenkkonsole wäre besser gewesen. „Die Ingenieure haben mir nachher gesagt, dass mit der Wippe die Power mit Verzögerung einsetzt. Mit dem Knopf kommt sie sofort. Das habe ich leider nicht gewusst. Es ärgert mich, weil ich mich wirklich hundertprozentig in die Materie reindenke, und dann fehlt dir so ein kleines Detail.“

Kaum jemand glaubt noch an Rosbergs Chancen im Titelduell. Auch Mercedes-Teamchef Toto Wolff ist sich sicher: „Der Sieg in Austin war für Lewis schon ein großer Schritt zum Titel.“ Das Wichtigste ist jetzt für Wolff, „dass der Titelkampf zwischen den beiden bis zum Ende fair verläuft. Wir wollen keine Senna-Prost-Situation haben“, also keine WM-Entscheidung durch Unfälle. Wobei die Wahrscheinlichkeit dafür auch eher gering ist. Denn Rosberg mit seinem Rückstand würde ein Crash ja nichts nützen. Und Hamilton hat ein Gewaltmanöver unter normalen Umständen überhaupt nicht nötig.

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