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Am Drücker. Rosberg verteilt, Hamilton duckt sich weg.

© AFP/Estrella

Formel 1: Nico Rosberg siegt in Mexiko: Mal wieder Rockstar sein

Auch wenn die WM schon entschieden ist: Für Nico Rosberg sind Siege wie in Mexiko wichtig, um nicht vollends zur Staffage im eigenen Team degradiert zu werden.

Von Christian Hönicke

Nico Rosberg genoss die Verehrung sichtlich. „Olé, Nico“, hallte es durch die Baseballarena, durch die der Formel-1-Kurs von Mexiko führt. Rosberg stand ganz oben auf dem Siegerpodest, fasste sich ans Herz und rief ins Mikro: “Muchas gracias, Mexiko!“ Auch eine ganze Weile später war der Mercedes-Pilot noch immer ganz aufgewühlt. „Ich habe mich wie ein Rockstar gefühlt“, sagte er lächelnd. Ein bisschen Starkult war genau das, was Nico Rosberg gerade benötigte.

Hinter dem deutschen Formel-1-Piloten liegen harte Tage. So ein Rennfahrer-Ego ist eine fragile Sache, und Rosbergs hat ordentlich gelitten in diesem Jahr. Beim vergangenen Rennen in Austin hatte er nicht nur die Weltmeisterschaft an seinen Stallrivalen Lewis Hamilton verloren, wieder einmal. Danach kam es auch noch zu der unrühmlichen Szene, als sich die beiden gegenseitig mit einer Sponsorenkappe bewarfen, was allgemein als Zeichen für Rosbergs angegriffene Nerven gedeutet wurde.

In Mexiko trug Nico Rosberg seine Kopfbedeckung, einen riesigen Sponsoren-Sombrero, mit Stolz. Erstmals seit fast fünf Monaten und erst zum vierten Mal in dieser Saison kam er wieder in den Genuss, dass die deutsche Nationalhymne in Anschluss an einen Grand Prix zu seinen Ehren gespielt wurde. „Es ist eine große Genugtuung“, gab Rosberg später zu. „Es war ein sehr emotionaler Sieg.“

Eine Genugtuung war es für ihn vor allem deshalb, weil ihn Hamilton nach der vorzeitigen Titelverteidigung wenig respektvoll behandelt hatte. Im Interview (ausgerechnet mit Rosbergs Hauszeitung „Bild“) stellte der Brite sein großes Selbstbewusstsein demonstrativ zur Schau und erklärte: „Ich glaube, ich kann mich nur selbst schlagen. Wenn ich Fehler mache, dann hat ein anderer eine Chance.“

Bei der Rückkehr der Formel 1 nach Mexiko unterlief Hamilton kein erkennbarer Fehler, Rosberg gewann trotzdem. Er verteidigte seine Poleposition gegen den aggressiven Weltmeister und hielt ihn auch beim Neustart nach dem Unfall des Ferrari-Piloten Sebastian Vettel auf Abstand. „Es war ein mega Kampf mit Lewis wie häufig“, sagte er danach. „Ich hatte auf jeden Fall das Gefühl, dass ich es kontrolliert habe.“

Auf den ersten Blick wirkt der Sieg wie das, was man im Basketball „Garbage Points“ nennt. Nutzlose Punkte, wenn das Match längst entschieden ist. Die Fahrer-WM mag in der Tat vorbei sein, aber der Zweikampf der beiden Mercedes-Piloten geht weiter.

Rosbergs Problem ist nicht sein Speed - es ist sein Kopf

Rosbergs Triumph in Mexiko war auch deswegen keineswegs wertlos, weil Hamilton den Sieg keineswegs kampflos herschenkte. Er wollte ganz im Gegenteil eigenmächtig seine Rennstrategie auf nur einen Boxenstopp ändern, um den führenden Rosberg abzufangen. Erst auf unmissverständliche Aufforderung des Mercedes-Kommandostands kam der Brite zum zweiten Reifenwechsel hinein und zeigte sich nachher ziemlich verärgert darüber.

Für Nico Rosberg sind solche kleinen Punktsiege wichtig, um nicht komplett von Hamilton zur Staffage im eigenen Team degradiert zu werden. Sogar der Aufsichtsratsvorsitzende Niki Lauda, sonst eher Hamilton zugeneigt, erkannte großzügig an: "Nico war heute unschlagbar. Er hat Lewis geschlagen, und das ist das Wichtigste für ihn, weil er zuletzt so oft verblasen wurde.“

Rosbergs Problem ist nicht sein Speed, es ist sein Kopf. Ihm sind zu viele Fehler in aussichtsreicher Position unterlaufen, zu oft hat er zudem im Zweikampf gegen Hamilton zurückgezogen. Die beiden verbleibenden Saisonrennen sind eine gute Gelegenheit, um sein Selbstvertrauen und nicht zuletzt seinen Status im Rennstall Stück für Stück wieder zu stärken. Und mit einem Hochgefühl in den Winter zu gehen.

Denn es geht in Sao Paulo und Abu Dhabi auch um eine gute Startposition für die kommende Saison. Auch wenn Nico das nicht zugeben will: „Ich denke jetzt nicht an 2016.“ Aber natürlich weiß auch er, dass der Vorsprung von Mercedes im nächsten Jahr vor der absehbaren Änderung des Motorenreglements noch groß genug für einen weiteren Titelgewinn sein dürfte. Es könnte Nico Rosbergs letzte Chance auf den WM-Titel werden.

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