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Kritik für seine Kritik: Sebastian Vettel.

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Formel 1: Vettel erhält blauen Brief vom Weltverband

Weltmeister Sebastian Vettel wird vom Automobil-Weltverband Fia gerüffelt, weil er das neue Formel-1-Produkt und die leiseren Motoren kritisiert.

Sebastian Vettel war vorbereitet. Schon vor seiner Pressekonferenz am Donnerstag in Bahrain hatte er sich überlegt, wie er reagieren könnte, sollte noch einmal die Frage nach seiner Kritik an den neuen Formel-1-Motoren kommen. Genauer gesagt, wie er es formulieren würde, um zwar eindeutig bei seinem Standpunkt zu bleiben, aber seine Wortwahl an bestimmter Stelle doch ein bisschen abzuschwächen. Dass die Frage dann gar nicht mehr auftauchte, kam ihm sicherlich gelegen, so konnte er bei der allgemeinen Feststellung bleiben, dass er immer derjenige gewesen sei, der seine Meinung auch offen vertreten habe – und dass er es für falsch halte, sich irgendwie zu verstellen.

Hintergrund der Geschichte ist, dass der deutsche Weltmeister nach seinen kritischen Äußerungen in Malaysia zum neuen Reglement, vor allem zu den zu leisen Motoren, die für die Fans das Rundumerlebnis Formel 1 deutlich unattraktiver machen, einen blauen Brief von der Fia bekam. Der Automobil-Weltverband mag es so gar nicht, wenn man generell Kritik am Produkt Formel 1 übt. Theoretisch hat der Weltverband sogar die Möglichkeit, Fahrer für kritische Äußerungen zu bestrafen, wenn sie beispielsweise den Paragrafen 151 c über „sportschädigendes Verhalten“ heranzieht. Das sollte Vettel wohl vor Augen geführt werden.

Ins gleiche Schema passt auch das Vorgehen einiger Teams. So trommelte McLarens Presse- und PR-Chef Matt Bishop am Malaysiawochenende all seine Kollegen zusammen und wollte sie dazu überreden, auf ihre jeweiligen Fahrer einzuwirken, keine Kritik mehr am neuen Reglement und der neuen Technik zu äußern, weil das der Formel 1 insgesamt schade. Zumindest McLaren-Pilot Jenson Button äußerte dann ganz brav, wem die neuen Regeln nicht passten, der sollte eben woanders fahren. Dass es sehr wohl eine Rolle spiele, ob das neue Format auch beim Publikum ankomme, das den ganzen Rennzirkus indirekt am Ende bezahlt, das gibt zwar auch Button zu. Aber Kritik würde alles ja nur schlimmer machen, auch die Sponsoren verärgern.

Da sollen lieber alle Beteiligten gute Miene zum bösen Spiel machen und den Fans gegenüber etwas schönreden, wovon sie selbst nicht wirklich überzeugt sind, anstatt den umgekehrten Weg zu gehen. Die Sponsoren etwa dafür einzuspannen, Druck zu machen, dass es da Änderungen gibt, wo sie vielleicht noch möglich sind. Gleichzeitig beklagen die Teamchefs Imageprobleme, insofern bräuchte man bei den Fahrern starke Persönlichkeiten, die die Fans begeistern – und dann verbietet man ihnen den Mund.

Es ist ja nicht so, dass die Fahrer diese Formel 1, deren Rundenzeiten im Moment durch verschiedene Faktoren fast zehn Sekunden langsamer sind als vor zehn Jahren, so toll finden. Unter der Hand geben die allermeisten zu, dass auch für sie der Spaßfaktor im Auto eben nicht mehr so hoch sei. Die Autos sind eben nicht mehr die „Biester, die sie eigentlich sein müssten“, wie Vettel es mal sagte. Allein durch die Benzinmengenbegrenzung wird das Leistungspotenzial der gegenwärtigen Turbomotoren nicht ausgeschöpft. Motoreningenieure bei Mercedes halten 1500 bis 1600 PS bei den derzeitigen Konstruktionen für möglich – gefahren wird mit 800 PS.

Die Einschüchterungs- und Kontrollversuche ändern nichts. In einer internationalen Fanumfrage von Ferrari zur „neuen Formel 1“ sprachen sich bei bis jetzt knapp 40 000 Teilnehmern 78 Prozent dagegen und nur 22 Prozent dafür aus. Größter Kritikpunkt ist nicht nur der leisere Motorensound. Für viele Beobachter bleibt echtes Racing, das volle Fahren am Limit, der direkte Kampf der Fahrer gegeneinander, auf der Strecke. In Malaysia sprachen die Kritiker von „Gleichmäßigkeitsfahrten“ wie bei Oldtimerrallyes.

Die Hoffnung, dass das alles hier am kommenden Wochenende in Bahrain besser werden würde, kann zumindest Sebastian Vettel den Fans nicht machen: „Die Streckencharakteristik sorgt dafür, dass der Spritverbrauch noch kritischer ist. Wir werden also alle noch mehr sparen müssen!“

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