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Sport: Fremde Heimat

Nach dem Hurrikan fehlt den New Orleans Saints ein Stadion – das erste Heimspiel fand in New York statt

Frenchy hat viel Fantasie. Der Hausmaler der New Orleans Saints hält gerade eine Szene fest: Ein Spieler im schwarzen Jersey mit goldenem Helm entspringt dem Gewühl, den Football fest in den Arm geklemmt, und macht sich auf zum Angriff. Der Spieler ist ein Saint. Und die Verteidiger, die von seinen Beinen abtropfen, sind Giants. Die Szene ist eingetaucht in goldgelbes, warmes Licht.

Doch was sich am Montagabend im Stadion der New York Giants vor Randy Leo Frechettes, alias „Frenchy“, abspielte, sah etwas anders aus. In der Arena fanden sich nur vereinzelt Banner des Teams aus New Orleans. Zwar hatten die Giants für das „Heimspiel“ der Flüchtlinge aus dem Katastrophengebiet ihre Embleme abgehängt und eine Endzone mit dem „Saint“-Schriftzug bemalt, aber zum Zuhause wurde das Stadion für die Saints nicht. 10 000 Plätze blieben in dem 80 000 Menschen fassenden Rund frei. Nur etwa 4000 der Anwesenden kamen als Fans der Saints, einige von ihnen aus Behelfsunterkünften an der Ostküste.

Weil nach dem Hurrikan „Katrina“ dem Superdome in New Orleans der Abriss droht, sind die Saints heimatlos. Derzeit leben sie in einem Hotel im texanischen San Antonio, die nächsten Heimspiele sollen in dieser Stadt und in Baton Rouge stattfinden. Das wäre nur 100 Meilen von New Orleans entfernt, nicht 1500 wie am Montag. Die NFL hatte das erste Heimspiel nach New York verlegt, weil sie annahm, hier sei das Mitgefühl besonders groß. Schließlich haben die Einwohner seit dem 11. September 2001 ihre eigenen Erfahrungen mit Katastrophen.

Doch abgesehen vom Auftritt des ehemaligen Präsidenten George H. W. Bush beim Münzwurf und einer Übertragung im Fernsehen mit eingeblendeten Spendennummern hielt sich die Sympathie in Grenzen. Auf dem Parkplatz gab es kleine Aktionen des Mitgefühls. So hatten New Yorker Köche einen Stand mit Soul Food, dem aromatischen Essen des Südens, eingerichtet, dessen Erlös den Opfern des Hurrikans zugute kommt. Drinnen an den Fan-Ständen gab es aber nur Giants-Utensilien; die Saints mussten mit der Gäste-Umkleide vorlieb nehmen. „Sie sollten uns nicht so herablassend behandeln“, sagte New Orleans Quarterback Aaron Brooks, der mit drei abgefangenen Pässen eine schlechte Nacht hatte. Die Giants siegten 27:10.

Im Stadion hatten die Saints keine Standing Ovations bekommen, wie noch eine Woche zuvor bei den Carolina Panthers geschehen. Die meisten Fans zeigten, dass sie die Giants siegen sehen wollten. Eli Manning, der Quarterback der New Yorker, wuchs zwar selbst im Mississippi-Delta auf und träumte im Superdome als Junge von der NFL, aber in dieser Saison muss er beweisen, dass er die vielen Millionen wert ist, die die Giants ihm geben. Am Montag tat er das mit einem frühen Touchdown.

„Wir leben von Tag zu Tag“, konstatierte Saints-Coach Jim Haslett. „Wir waren in vier Wochen in vier verschiedenen Trainingsstätten.“ Immerhin zog Frenchy, der sein Bild am Ende für die Hurrikan-Opfer versteigerte, etwas Mut aus dem Spiel. „Ich habe in New Orleans mein Haus verloren und lebe auf der Straße wie ein Zigeuner“, sagte der Maler. „Aber es läuft ganz okay.“

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