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Die Spielorte der Fußball-EM 2016

© dpa (Uefa), Tsp/Barthel

Fußball-EM 2016 in Frankreich: Die Sorge spielt mit

Die Fußball-EM 2016 findet trotz der Anschläge in Frankreich statt – die Auswirkungen sind jedoch enorm. Unbeschwerte Spiele scheinen undenkbar. Es gibt aber auch Kritik am französischen Sicherheitskonzept.

Näher kam der Terrorismus dem Fußball noch nie. Mit dem Stade de France in Paris wurde das Herz der EM 2016 direkt attackiert. Eine Absage des Turniers kommt bei den Organisatoren aber trotz großer Sorgen nicht infrage. Ein fröhliches Fußball-Sommerfest scheint jedoch derzeit unvorstellbar. Der Sport steht nicht nur in Frankreich unter Schock. Am Wochenende wurden in Frankreich Veranstaltungen und Ligaspiele im Rugby, Basketball oder Volleyball abgesagt. Das Handballspiel der Rhein-Neckar Löwen bei Montpellier HB fand dagegen auf Wunsch der Veranstalter statt.

Die Anschläge direkt vor dem EM-Endspielstadion in St. Denis haben dem Sport die eigene Verwundbarkeit in dramatischer Weise vor Augen geführt. Eine Absage der EM in knapp sieben Monaten ist aber für den europäischen Fußball-Verband Uefa keine Option. Für alle anstehenden Länderspiele wurden Schweigeminuten und Trauerflor für alle Spieler angeordnet. Solidarität, Unterstützung, heißt das Motto, aber keine Kapitulation. „Wenn man die EM jetzt infrage stellt, würde man sich den Regeln der Terroristen beugen“, sagte EM-Cheforganisator Jacques Lambert französischen Medien. In dieser Haltung wird er von deutschen Spitzenfunktionären unterstützt. „Wenn man die EM jetzt absagen würde, dann käme dies einer Kapitulation vor den Verbrechern gleich“, sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes, Alfons Hörmann, der „FAZ“.

Die Auslosung in vier Wochen wird zur Hochsicherheitsveranstaltung

Aber klar ist: Die EM vom 10. Juni bis 10. Juli 2016 in neun französischen Städten wird zu einer der größten Sicherheitsoperationen in der Sportgeschichte werden. Für die Uefa ist die Anschlagsserie vom Freitagabend mit insgesamt mehr als 120 Toten ein wahr gewordener Alptraum. In nur vier Wochen sollen die sechs EM-Vorrundengruppen ausgelost werden. Die Show im Le Palais de Congrès de Paris an der Porte de Maillot im Westen der Stadt ist ein Meilenstein auf dem Weg zum zweitgrößten Fußball-Turnier der Welt mit erstmals 24 Mannschaften und 51 Spielen. Auch DFB-Teammanager Oliver Bierhoff soll dann vor den Augen der Fußball-Welt einer der Stargäste sein und die Lose ziehen. Da eine Absage keine Alternative ist, wird das Event nun zu einer absoluten Hochsicherheitsveranstaltung mit mulmigen Gefühlen werden.

„Es wurden viele Vorsichtsmaßnahmen getroffen, aber wir müssen sehen, dass Terroristen jederzeit zuschlagen können. Wir hatten Sorge wegen der EM, jetzt ist die Sorge noch größer“, sagte der Präsident des französischen Verbandes, Noël Le Graët. In einigen Tagen wollen sich die EM-Organisatoren mit dem französischen Innenministerium beraten. Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen könnten auf die Stimmung des Turniers schlagen. „Das werden sicher unfreundlichere Maßnahmen, schade“, sagte Lambert. Die Franzosen fürchten zudem, die Vorfälle könnten die Chancen senken, dass Paris in zwei Jahren den Zuschlag als Gastgeber der Olympischen Spiele 2024 erhält. Das olympische Dorf etwa ist in Stadionnähe in St. Denis geplant. Schon in ihrer EM-Bewerbung hatten die Franzosen die Sicherheitslage ganz oben auf der Liste der zwölf Turnierrisiken benannt.

Spahn kritisiert, dass Durchsagen im Stadion nur auf Französisch kamen

Das Krisenmanagement im Stade de France funktionierte. Nur vereinzelt kam es zu panikartigen Reaktionen. Die auf den Rasen geflüchteten Besucher wurden nach und nach und in großer Ruhe aus dem Stadion geleitet. „Die Sicherheit in den Stadien funktioniert gut“, sagte Lambert. „Das Risiko besteht mehr in den Straßen, bei spontanen Zusammenkünften.“ 2,5 Millionen Besucher werden zu dem Turnier in Frankreich erwartet.

„Bei keiner Großveranstaltung kann eine 100-prozentige Sicherheit garantiert werden“, warnte jedoch Helmut Spahn. Der Sicherheitschef der WM 2006 in Deutschland kritisierte in der „Bild am Sonntag“ aber auch die Sicherheitskräfte vor Ort: „Man hat bei den Anschlägen in Paris einmal mehr das Gefühl gewonnen, dass die Franzosen sich in diesen Fragen zu sehr abschotten. Es war erschütternd für die deutschen Fans im Stadion, dass alle Stadiondurchsagen zur Sicherheit auf Französisch waren.“ (dpa/Tsp)

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