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Angerer Prinz

© ddp

Fußball-Frauen: Das Spiel nach der Show

Begleitet von gestiegenem Interesse kehren die Fußball-Weltmeisterinnen in den Liga-Alltag zurück. Und Nadine Angerer kassierte am Samstag ihr erstes Tor: "Der Rekord war mir nie wichtig", sagt sie.

Sind das schon Anzeichen des Frauenfußball-Booms? Da bildete sich doch eine unübersichtlich lange Menschenschlange vor dem Kassenhäuschen der hübschen, kleinen Essener Bezirkssporthalle „Am Hallo“. Aber es gab etwas Besonderes zu sehen: nämlich Fußball-Weltmeisterinnen, und zwar gleich vier, unter ihnen die berühmteste. Deutschlands unbezwingbare Torfrau Nadine Angerer kam gestern, genau eine Woche nach dem WM-Sieg gegen Brasilien, mit Turbine Potsdam am 3. Bundesliga-Spieltag nach Essen. Neben ihr Anja Mittag und Babett Peter, für die Gastgeberinnen stand Linda Bresonik auf dem Platz.

Angerer war nach den chinesischen Großtaten „noch gar nicht wieder richtig da“, berichtete sie. Und: „Ich hatte noch nicht mal Zeit, meine Koffer auszupacken.“ Man erkannte leicht dunkle Ringe unter den Augen, es liegt aber auch einiges hinter ihr: Die weltmeisterlichen 540 Minuten ohne Gegentreffer, die Auszeichnung zur besten WM-Torhüterin, nach der Rückkehr in die Heimat folgte ein nie gekannter Interview-Dauerlauf. Am Abend vor der Bundesliga-Partie war Angerer noch Gast bei „Wetten dass“ in Basel. „Ich war erst um fünf Uhr im Bett“ erzählte sie. Ihre Mitspielerinnen hätten sie deshalb länger schlafen lassen.

Auch am Tag der Rückkehr in den Alltag war alles anders als sonst. Einerseits ein wenig glanzvoller: Normalerweise finden die Bundesliga-Spiele der SG Essen-Schönebeck vor etwa 1000 Besuchern statt, am gestrigen Sonntagnachmittag waren es sensationelle 3240. Kleine Ballmädchen gerieten beim Anblick der neuen Heldin Angerer in Ekstase. „Nadine, Nadine“, kreischten sie – und natürlich gab es Blumen vor dem Spiel. Andererseits war es aber auch ein besonders harter Tag, speziell für die Torfrau. Denn nachdem die Essener der 28-Jährigen freundlich gehuldigt hatten, sehnten sie alle einen Moment herbei. Die Potsdamerin sollte endlich mal wieder hinter sich greifen. „Die Angerer muss mal wieder ein Tor kassieren“, hatte Essens Trainer Ralf Agolli wenig charmant gefordert. Es dauerte immerhin 41 Minuten, bis dieser Wunsch wahr wurde. Jennifer Balkenhof beendete Angerers Serie mit einem unhaltbaren Schuss aus kurzer Distanz zum 1:0 für Essen. „Ich bin froh, dass das Gerede über die Zu-Null-Spiele jetzt ein Ende hat“, sagte Angerer später. „Der Rekord war mir nie wichtig, es geht immer um die Mannschaft.“

Der Turbine-Mannschaft erging es in der zweiten Halbzeit besser. Die Brandenburgerinnen waren stabiler in der Defensive – und kamen ganz am Ende noch zum Ausgleich. Weltmeisterin Babett erzielte mit einem Foulelfmeter das 1:1, bei dem es blieb – sehr zur Unbill des Essener Publikums, das den Strafstoß als unberechtigt empfand und wild buhte. Angerer störte es nicht weiter: „Ein Spiel vor so vielen Zuschauern ist schön“, sagte sie lächelnd. „Der Alltag fängt erst nächste Woche wieder an.“

Maria de Cea[Essen]

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