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Ibisevic

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Bosnien: Spielen für die neue Zeit

Ein Sieg gegen Portugal wäre ein Signal für Bosnien. Eine ganze Nation hofft auf die Mannschaft um Vedad Ibisevic.

Es war eine spaßige Szene, die Vedad Ibisevic in der Rhein-Neckar-Arena in Sinsheim nach dem 2:1-Sieg der Wolfsburger gegen Hoffenheim beobachtete. „Sie wissen doch, dass sie keine Chance haben, Portugal zu schlagen“, sagte ein junger Mann zu Zvjezdan Misimovic. Der Wolfsburger antwortete lächelnd: „Dann mache ich eben sechs Wochen Urlaub.“ Der junge Mann ließ nicht locker: „Und wo?“ Misimovic lachte laut und sagte: „Na, in Portugal.“ Die Szene war einer der letzten ausgelassenen Momente für die Bosnier Ibisevic und Misimovic, bevor sie sich einem ernsteren Thema zuwandten: Die Relegationsspiele zur Fußball-WM 2010 gegen Portugal bedeuten für die bosnische Nationalmannschaft eine riesige Chance – und großen Druck

„Die Leute sind gierig auf diesen Erfolg. Wenn wir das schaffen, bricht eine neue Zeit für unser Land an“, sagte 1899-Stürmer Ibisevic. Der Hoffenheimer ist einer von sechs Spielern aus der Bundesliga und der Zweiten Liga, die am heutigen Sonnabend und am kommenden Mittwoch gegen den Favoriten Portugal um eines der letzten WM-Tickets für Südafrika spielen. Sein Klubkollege Sejad Salihovic, die Wolfsburger Edin Dzeko und Misimovic gehören ebenso zum Team von Trainer Miroslav Blazevic wie Zlatan Bajramovic (Eintracht Frankfurt) und Dario Damjanovic (Kaiserslautern).

Blazevic wird in Bosnien als Held verehrt. Für Fans der deutschen Mannschaft hingegen ist sein Name mit einer bitteren Niederlage verknüpft: Im WM-Viertelfinale 1998 fegten Blazevics Kroaten die DFB-Auswahl in Lyon mit 3:0 vom Platz.

Bevor den Bosniern ein ähnlicher Erfolg gelingt, müssen sie zunächst einmal den Kopf frei bekommen. „Wir dürfen uns mit der Tragweite nicht beschäftigen“, sagt Ibisevic. Mehr als ein Jahrzehnt nach Ende des Bürgerkrieges sind die Spuren in seiner Heimat noch fast überall deutlich sichtbar, Bosnien ächzt unter einer Arbeitslosen-Quote von mehr als 40 Prozent und ausufernder Korruption. Schon jetzt erscheint die Erwartung im Land kaum zu kontrollieren.

Die Mannschaft wich mit ihrem Trainingslager sogar nach Kroatien aus. „Es wäre unmöglich gewesen, bei uns zu trainieren. Wir hätten keine einzige Minute Ruhe gehabt“, sagt Misimovic. In ganz Bosnien hängen riesige Plakate, die die neuen Helden der multiethnischen und multireligiösen Nation zeigen. „Es ist fast schon ein Tick zu viel“, sagt Misimovic.

In der Hauptstadt Sarajevo sind Großleinwände aufgestellt worden, mehr als 10 000 Menschen werden zur Übertragung des Spiels erwartet. „Für unser Land bedeutet das sehr viel. Es ist eine große Chance, die Zustände zu ändern“, sagt Ibisevic. Die Stadien müssten besser werden, der Nachwuchs mehr gefördert. Derzeit spielen kaum Akteure aus der bosnischen Liga im Nationalteam. All das soll sich ändern, wenn die Sensation gegen Portugal gelingt. „Wenn wir ein positives Ergebnis im Hinspiel holen, haben wir eine gute Chance“, sagt Ibisevic.

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