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Nationalmannschaft: Manuel Neuer: Nachfolger des Vorbilds - Jens Lehmann

Der Schalker Torhüter Manuel Neuer will sein Idol Jens Lehmann beerben und debütiert heute auf der Asienreise in der Nationalelf.

Mit 1,92 Meter Körpergröße und 85 Kilogramm Gewicht besitzt er die Maße eines kleinen Einbauschranks. „Er hat einen athletischen Körper. Er ist groß und stark und sehr dynamisch“, sagt Joachim Löw über den Kandidaten, und es klingt ein wenig Bewunderung heraus. Die Rede ist von Manuel Neuer, dem zweitjüngsten der 17 deutschen Nationalspieler, die Löw für die Asientour der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nominiert hat. Als der 23 Jahre alte Neuer dann selbst über sein bevorstehendes Länderspiel spricht, ist ihm die Freude anzusehen. „Ein Traum geht für mich in Erfüllung“, sagt er. „Die Nationalmannschaft ist schon eine ganz große Nummer.“ Heute (20 Uhr MESZ) wird der Schalker im Testspiel gegen die Vereinigten Arabischen Emirate in Dubai erstmals das Tor der A-Nationalmannschaft hüten, und vermutlich darf er sogar über die volle Distanz spielen.

Neuer ist der dritte Torwart nach René Adler (Leverkusen/24 Jahre) und Tim Wiese (Bremen/28), den Löw in dieser Saison debütieren lässt. Mit Robert Enke (Hannover/31) kämpft Neuer nun um die Nachfolge seines Idols. Jens Lehmann, der vor einem Jahr seine Karriere in der Nationalmannschaft beendet hat, ist Neuers Vorbild. „In meinen Augen ist er der perfekte Vertreter des modernen Torwartspiels“, sagt er. Als Junge erlebte der in Gelsenkirchen geborene Neuer den großen Triumph der Schalker im Uefa-Pokal 1997, bei dem Lehmann in den Finalspielen gegen Inter Mailand glänzte. Und es besteht noch eine Parallele zwischen Lehmann und Neuer, der als Jugendlicher in der Schalker Fankurve stand. Auch Lehmann gab sein Debüt in der Nationalmannschaft bei einem Testspiel in Arabien, 1998 beim 2:0 in Muskat gegen Oman.

Ob auch bei Neuer 60 weitere Länderspiele folgen werden, steht in den Sternen, aber er ist ein aussichtsreicher Kandidat für einen Platz im WM-Kader. „Er macht einen relativ reifen Eindruck für sein Alter. Das Gleiche gilt für seine Spielweise. Er ist klar und zielstrebig“, sagt Löw. Einen festen Nachfolger für Lehmann hat Löw noch nicht benannt, er will dies aber zu Beginn der nächsten Saison tun. Von den vier Kandidaten für die Position im Tor muss er spätestens bei einer WM-Teilnahme im kommenden Sommer einen streichen.

Neuer wird schon in diesem Sommer Turniererfahrung sammeln. Er ist der einzige der 17 Nationalspieler, für die es nach der Rückkehr aus Asien weitergeht. Bei der U-21-Europameisterschaft in Schweden hat er die Möglichkeit, seine Klasse nachzuweisen, während seine Konkurrenz im Urlaub ist. „Wir wollen den Titel holen“, sagt Neuer. Es wäre ein weiterer Schritt nach oben.

Nicht nur Löw sieht bei Neuer beste Voraussetzungen. Der Torhüter ist groß und kräftig wie der Bremer Tim Wiese, dazu enorm schnell. Fußballerisch kann er es mit René Adler aufnehmen, er gibt im Training auch als Feldspieler eine gute Figur ab. Eine Offensivwaffe ist sein unglaublich präziser Abwurf; er kann den Mitspielern den Ball bis zur Mittellinie in den Lauf schleudern. Neuer zeigte allerdings gelegentlich auch Schwächen, die aus seiner offensiven Spielweise resultieren. Wenn er weit vor dem Tor einen Ball verpasst, fehlt er auf der Linie. Dort ist er mit der Beweglichkeit eines Handballkeepers ausgestattet und an guten Tagen fast unbezwingbar. Nicht nur sein Auftritt beim 0:1 in Porto im März 2008, als er Schalke ins Viertelfinale der Champions League führte, genügte höchsten internationalen Ansprüchen.

Dank seiner Spielweise hat Neuer prominente und einflussreiche Fürsprecher. „Er ist der beste deutsche Torwart. Er hat Weltklasse-Anlagen“, sagt Matthias Sammer, der Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes. Beim FC Bayern München haben sie das auch bemerkt. Die Münchner hätten den Torhüter gerne zur neuen Saison verpflichtet, doch Neuer erteilte ihrem Ansinnen eine Absage. „Ich habe bei Schalke einen Vertrag bis 2012 und habe nie vorgehabt, daran etwas zu ändern“, sagte er auf der Asienreise. Dass es im deutschen Fußball keine lukrativere Offerte geben kann als ein Angebot der Bayern, ist ihm durchaus bewusst.

Als ihm vorige Woche die Nachricht zu Ohren kam, die Bayern wollten ihn verpflichten, erwähnte Neuer zwar seinen laufenden Vertrag, bezeichnete den FC Bayern aber auch als einen interessanten Verein. „Das Interesse der Bayern macht mich stolz“, sagte der Torhüter. Krasse Ablehnung hört sich anders an. Ob das Thema wirklich erledigt ist, darf nach den Erfahrungen der Vergangenheit durchaus bezweifelt werden. Um Mario Gomez buhlten die Bayern gut zwei Jahre, bis sie ihn für 30 Millionen Euro vom VfB Stuttgart holten.

Gregor Derichs[Dubai]

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