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Größe zeigen. Japans Torhüterin

© AFP

Sport: Fußballerische Schwergewichte

Die Japanerinnen bestechen durch ihre Ordnung und wundern sich über Deutschland

Das zehn Meter lange Kunststoffband mit dem Dank an die Welt war auch diesmal wieder dabei. Japans Fußballerinnen verbeugten nach dem Sieg über Deutschland symbolisch – für die erdballumgreifende Unterstützung für ihr Land nach dem verheerenden Erdbeben vom März und den dramatischen Ereignissen in Fukushima.

Für ihre Landsleute zu Hause wollten sie sich von Beginn an ins Zeug legen, sogar „bis zum Tod kämpfen“, wie Nationalcoach Norio Sasaki vor dem Viertelfinale in überzogener Diktion ankündigte. Und nun hatten sie gewonnen, 1:0 nach Verlängerung – und danach sah es im japanischen Lager genau so aus, wie man das von den technisch ansprechenden und nun auch in der Defensive gesteigerten Fußballerinnen erwartet hatte. Denn während Bundestrainerin Silvia Neid in ihrer Coaching Zone bei all den leeren Trinkflaschen kaum mehr einen freien Fleck fand, sah es bei Japan aus, als habe die Arena in Wolfsburg gerade Richtfest gefeiert. Auch die japanischen Kickerinnen tranken während der 120 Viertelfinal-Minuten reichlich, doch ihre weggeworfenen Trinkflaschen sammelte eine Sekunde später stets ein um Ordnung bemühtes Team-Mitglied auf.

Alles war blitzblank – passend zur Grundtaktik, die die Asiatinnen nach dem Coup über die Weltmeisterinnen offen legten. „Wir hatten uns vorgenommen, sauber zu verteidigen und auf eine Chance zu warten. Und so ist es gekommen“, sagte Trainer Sasaki. So gelang den Japanerinnen im neunten Spiel gegen die einst übermächtigen Deutschen der erste Sieg. Weil sie aus dem 0:2 gegen England im letzten Gruppenspiel gelernt hatten und nun nicht mehr nur die putzigen Leichtgewichte waren, die bei entsprechendem Körpereinsatz größerer Gegnerinnen wie menschliche Flummis durch die Luft segelten.

Den Einzug ins Halbfinale hatte Japan aber auch den WM-Gastgeberinnen zu verdanken, wie Yuki Nagasato schonungslos beschrieb. Die 23 Jahre alte Angreiferin spielt seit Januar 2010 für Turbine Potsdam in der Bundesliga. „Deutschland war in den vergangenen Jahren viel besser gegen uns“, sagte die Stürmerin mit gewohnt spitzbübischem Blick. „Ich hatte das Gefühl, dass die deutschen Spielerinnen sehr nervös waren. Sie hatten keinen Mut und keine Idee.“ Die Japanerinnen entschuldigten sich fast schon für ihren Sieg. „Die deutsche Mannschaft tut mir schon leid“, sagte die 28-jährige Karina Maruyama nach ihrem Siegtreffer.

Dann richteten Japans Spielerinnen den Blick auf das Halbfinalspiel gegen Schweden. „Wenn wir im Halbfinale gegen Schweden genauso stark spielen, haben wir eine gute Chance aufs Finale“, sagte Yuki Nagasato. Und vielleicht greift Trainer Norio Sasaki vor dem Duell gegen die Schwedinnen auch wieder in die Emotions-Kiste, um seine Spielerinnen anzuspornen.

Auf das Deutschland-Spiel stimmte er sein Team mit einem beklemmenden Video ein, bei dem den Spielerinnen noch einmal die unermessliche Not ihrer Landsleute vor Augen geführt wurde.

Der Film hinterließ Spuren. Homare Sawa sagte nach dem Sieg gegen Deutschland: „Das Beben, der Tsunami und Fukushima haben uns noch stärker gemacht.“ Dann fügte die Spielmacherin hinzu: „ Seither sind wir zu einem echten Team zusammen gewachsen.“

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