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Sport: Ganz schön schräg

Shorttrack verbindet Tempo und Tumult

In unserer Serie stellen wir die ungewöhnlichsten Sportarten vor, die sich bei den Olympischen Winterspielen präsentieren werden. Heute die letzte Folge: Shorttrack.

An diese Szene aus dem Jahr 2002 kann man sich noch erinnern: In der letzten Kurve stürzen in einer Kettenreaktion die vier Favoriten und rutschen als Knäuel von der Eisbahn in die Seitenbande, der abgeschlagene Stephen Bradbury fährt locker vorbei und gewinnt im 1000-Meter-Rennen die erste Goldmedaille überhaupt bei Winterspielen für Australien. Im Shorttrack, dem Eisschnelllaufen mit Massenstart auf der extrem kurzen Bahn. „Man stürzt schon sehr oft, weil man ein gewisses Risiko eingehen muss“, sagt die siebenmalige Deutsche Meisterin Yvonne Kunze. „Gleich bei meinem ersten Wettkampf habe ich mir in den Fuß geschnitten. Inzwischen sind die Anzüge aber vor allem gegen die gefährlichen Schnitte gut geschützt. Eine besonders harte Sportart ist Shorttrack nicht.“

Es gibt strenge Regeln, wenn sich die Shorttracker so extrem wie Motorradfahrer in die engen Kurven legen und dabei mit Spezialhandschuhen abstützen, um im Gleichgewicht zu bleiben. Fünf Schiedsrichter überwachen auf der nur 111 Meter langen Strecke, dass keiner bei Tempo 60 rempelt, schiebt oder den Laufweg eines anderen unzulässig kreuzt. Seit einigen Jahren gibt es in der Sportart, die seit 1992 olympisch ist, auch den Videobeweis. „Die Schiedsrichter haben großen Ermessensspielraum“, sagt Ko- Bundestrainer Markus Tröger. Er hofft, mit einer der Staffeln vielleicht sogar eine Medaille in Turin zu gewinnen. Das deutsche Team gehört zur europäischen Spitze, aber auf den Einzelstrecken über 500, 1000, und 1500 Meter bräuchte es schon einen Massensturz wie vor Jahren, um eine Medaille zu gewinnen.

In Deutschland gibt es nur 200 Athleten, die Shorttrack als Wettkampf betreiben. Ganz anders als etwa in Südkorea, wo es 200 000 Läufer gibt. Die anderen Olympiafavoriten kommen aus China und Kanada; die USA haben mit Apolo Ohno einen Ausnahmeläufer. Ohno war bei Olympia in Salt Lake City in den legendären Massensturz verwickelt, das 1500-Meter-Einzelrennen gewann er, weil der Südkoreaner Dong-Sung Kim disqualifiziert wurde. Im vergangenen Oktober fand der Weltcup in Seoul ohne Zuschauer statt, weil es immer noch Morddrohungen gegen Ohno gab. In Turin wird die 6000 Zuschauer fassende Halle „Palavela“ voll sein. „Wir sind die Formel 1 des Eises, man kann den Endspurt auch mit dem beim Radsport vergleichen“, sagt Markus Tröger. Wer die Spannung einer Sprintankunft bei der Tour de France sucht, ist also bei den Shorttrack-Wettbewerben in Turin gut aufgehoben – vor allem, wenn wieder so viele hinfallen.

Favoritin für Olympia: Yang Yang (China)

Favorit für Olympia: Apolo Ohno (USA)

Staffeln: Südkorea, China, Kanada.

Deutsche Starter: Tyson Heung, Andre Hartwig, Arian Nachbar, Thomas Bauer, Sebastian Praus, Christin Priebst, Aika Klein, Tina Grassow, Yvonne Kunze, Susanne Rudolph

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