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Sport: Gegen die Wand

Bayern München blamiert sich gegen Bayer Leverkusen – nur Trainer Magath redet von Fortschritten

Es war schon spät, als das unfassbare Gefühl doch noch aus den Füßen von Dimitar Berbatow wich. Frisch geduscht war der Stürmer des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen als Letzter nach dem Spitzenspiel gegen Bayern München aus der Kabine gekommen und in sein Auto gestiegen. Doch anstatt den zahlreichen noch wartenden Fans zuzuhupen, ließ Berbatow die Kupplung seines Autos so heftig schnalzen, dass er nicht über den Parkplatz fuhr, sondern den Anhängern entgegenhoppelte. Doch die Fans lachten nicht, sie registrierten das kleine Malheur mit nachsichtigem Kopfnicken. „Wenn man so gegen die Bayern spielt, darf man das am späten Abend“, sagte einer der Leverkusener Anhänger. „Irgendwann ist es ja auch mal in den Füßen vorbei!“

4:1 hatte Bayer Leverkusen die Bayern geschlagen. Doch es war nicht nur ein Sieg. Die Leverkusener hatten ihren Gegner vorgeführt. Mit vier Treffern, davon drei Toren innerhalb von sieben Minuten, hatten die Stürmer Franca und Berbatow die Gegner ganz alleine besiegt. „Die beiden waren einfach Weltklasse“, sagte Michael Ballack, der knapp fünf Minuten vor Schluss das einzige Münchner Tor erzielte. „Sie haben uns mit ihren Toren demoralisiert“, sagte Bayerns Trainer Felix Magath.

Doch es war nicht etwa Ballacks oder Magaths Lob, das die Leverkusener Sturmspitzen an diesem Abend fast schon diebisch freute. Auch nicht, dass sie nach dem Spiel erst einmal die Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga übernommen hatten. Vielmehr hatten sie geschafft, was sich wohl jeder Stürmer in der Bundesliga wünscht: Sie hatten die Bayern in eine Krise geschossen. „Es gibt Spiele, da sagt man am besten gar nichts und hält seinen Mund“, sagte Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.

Bei Felix Magath ist die Misere noch nicht recht angekommen. „Ich habe auch Positives gesehen“, lautete sein eigentümliches Fazit. „Wir haben schon besser gespielt als in den Partien zuvor.“ Allerdings konnte Magath auch nicht schlüssig erklären, was besser geworden sein sollte. „Vielleicht Roque?“ Gemeint war Stürmer Roque Santa Cruz. Der aber war gleich mehrere Male am Ball vorbeigeschlittert und noch auf dem Spielfeld lautstark von seinem Kollegen Michael Ballack gerüffelt worden. Tatsächlich reihte sich Santa Cruz in die desolate Leistung seiner Mannschaft ein, die die höchste Niederlage der Bayern seit dem 1:5 im Januar 2002 beim FC Schalke 04 verschuldet hatte.

Deutlicher als der Trainer wurde Michael Ballack: „Uns fehlt die Spritzigkeit und das Quäntchen im Zweikampf. Wir müssen uns schleunigst etwas überlegen, sonst ist der Zug abgefahren.“ Und das nach gerade mal drei Spieltagen. Weiter beschwerte sich der Mittelfeldspieler über mangelnden Einsatzwillen seiner Mannschaft: „Wir haben uns nochmals verstärkt, aber einige vertrauen zu sehr den Namen. Wir müssen uns konzentrieren und Gas geben.“

Konzentriert, aber dabei vollkommen überfordert zeigte sich Owen Hargreaves, der als linker Verteidiger in der Viererkette gegenüber Franca und Paul Freier vollkommen den Überblick verlor. Aber auch Hasan Salihamidzic konnte sich auf der Außenverteidiger-Position dem Sturmwirbel nicht erwehren. Nicht besser erging es Weltmeister Lucio in der Zentrale. Der Brasilianer wurde von seinem Landsmann Franca wahrhaft vorgeführt. Genau so, wie dieser es angekündigt hatte. „Dem Lucio zeige ich es schon“, hatte Franca vor dem Spiel prophezeit.

Magaths Idee, mit den Bayern offensiven und attraktiven Fußball zu spielen, ist bisher gescheitert. Als durchwachsen bezeichnet Ballack den Start in die Saison. „Wir müssen überlegen, was wir besser machen können“, sagte Felix Magath. „Ich weiß, dass die Aufgabe schwer ist. Aber das sind auch die reizvollsten Aufgaben.“ Ansonsten bleibt den Bayern nur die Hoffnung, dass mancher Gegner so Fußball spielt, wie Berbatow Auto fährt.

Christoph Bertling[Leverkusen]

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