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© augenklick/firo Sportphoto

Generationswechsel: Hertha wird ein altes Haus

Generationswechsel auf Berliner Art: Trainer Friedhelm Funkel ersetzt junge Spieler durch erfahrene. Sascha Bigalke, 20, ist im Trainingslager Herthas Nachwuchsabteilung.

Vor ein paar Wochen ist in Soller ein Jugendstil-Museum eröffnet worden. Soller liegt im Norden Mallorcas, am Ende jener Autopiste, die der Mannschaftsbus von Hertha BSC in dieser regnerischen Januarwoche Tag für Tag auf dem Weg zum Trainingsplatz zurücklegt. Mal abgesehen von dem schönen neuen Museum ist auf Mallorca nicht viel zu sehen von dem Jugendstil, für den auch das Fußball-Unternehmen Hertha BSC einmal stand. Trainer Friedhelm Funkel setzt beim Unternehmen Abstiegsverhinderung auf Altersweisheit und rekrutierte dafür Theofanis Gekas (29) und Lewan Kobiaschwili (32) von den Ersatzbänken aus Leverkusen und Gelsenkirchen. „Wichtig ist, dass sie die Bundesliga kennen“, sagt Funkel, der Rest werde sich finden, und die jungen Leute müssten halt ein wenig warten, „in dem Alter muss man Geduld haben“.

Patrick Ebert schaffte den Sprung zu den Profis - und wer danach?

Würdevolles Altern ist eine Kunst, die zuweilen von Ungeduld überlagert wird. Sascha Bigalke hat am Freitag seinen Geburtstag gefeiert und alle Glückwünsche bescheiden abgewehrt: „Langsam macht das Zählen keinen Spaß mehr, bald steht schon eine 3 vorn.“ Was man halt so sagt im biblischen Alter von 20 Jahren. Der Mittelfeldspieler Bigalke ist während der Vorbereitung auf die Rückrunde Herthas Nachwuchsabteilung. Nur er ist übrig geblieben vom Anspruch, ein Ausbildungsverein zu sein. Seit Jahren zieht Hertha zwar reichlich Jugend-Nationalspieler heran, aber die spielen jetzt entweder für andere Klubs oder sind nicht gut genug für die Bundesliga. Als bislang Letzter aus dem kostspieligen Nachwuchsprogramm schaffte Patrick Ebert den Sprung zu den Profis, und diese kleine Erfolgsgeschichte ist jetzt auch schon dreieinhalb Jahre alt.

Der frühere Trainer Lucien Favre hat stets gesagt, er würde ja gern junge Spieler einbauen, aber es gebe nun mal keine, die auf Bundesliganiveau mithalten könnten. Als der Schweizer vor eineinhalb Jahren vier A-Jugendliche in den Profikader aufnahm, war das mehr eine symbolische Geste. Favres Nachfolger Funkel legt nicht so viel Wert auf Diplomatie. Vor der Abreise ins Trainingsquartier ließ er die Nachwuchskräfte Lennart Hartmann, Fanol Perdedaj und Shervin Radjabali-Fardi wissen, sie mögen sich doch bitte bei der zweiten Mannschaft fit halten.

Hartmann, Perdedaj und Radjabali-Fardi blieben in Berlin

„Das ist schade für die drei, aber sie sind intelligent genug, um zu wissen, dass sie ihre Chance bekommen werden“, sagt Bigalke. Er selbst hat auch lange genug gewartet. Es war keine leichte Zeit für einen, der immer als Hochtalentierter galt und in allen Jugendnationalmannschaften eine führende Rolle spielte. Die Umstellung auf den körperbetonten Profifußball stellte ihn vor dieselben Probleme, wie sie sein Weggefährte Toni Kroos beim FC Bayern vorfand. Kroos ist vier Tage älter als Bigalke und die vielleicht größte Begabung des deutschen Fußballs. Aber erst über den Umweg einer Ausleihe nach Leverkusen fand er nach einjähriger Verzögerung zu der Form, die sie auch in München von ihm erwartet hatten.

So weit wie Kroos ist Bigalke noch lange nicht. Einmal erst, beim 1:1 in Stuttgart, ließ ihn Funkel in der Bundesliga spielen. „Sascha ist technisch sehr gut, aber körperlich muss er noch zulegen“, sagt der Trainer. Wenn das mal so einfach wäre. Größer als 1,67 Meter wird Bigalke wohl nicht mehr werden, und mit dem Gewicht ist das so eine Sache. Durch Krafttraining und vermehrte Eiweißzufuhr hat er sich seit Saisonbeginn von 55 auf 60 Kilogramm gesteigert, „zwei Kilo mehr können es schon noch werden, aber dann muss Schluss sein“, sonst leidet die Spritzigkeit, und das ist Bigalkes größte Stärke.

Keiner schlägt so flinke Haken wie das Leichtgewicht aus Reinickendorf. Das macht ihn bei körperlosen Trainingsspielchen zu einem gefragten Mitspieler. Am Mittwoch, beim 2:1-Sieg im Testspiel über die zweite Mannschaft von Real Mallorca, zählte Sascha Bigalke zu den auffälligsten Berlinern.

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