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Sport: Golfsaison: Die Hemmschwelle ist riesengroß

Der Deutsche Golf-Verband spart nicht an Ideen und Finanzen, um aus der elitären Nische zum Volkssport zu kommen. Allein: Es fehlt die Galionsfigur.

Der Deutsche Golf-Verband spart nicht an Ideen und Finanzen, um aus der elitären Nische zum Volkssport zu kommen. Allein: Es fehlt die Galionsfigur. Jahrelang wurde Golf in Deutschland personifiziert mit Bernhard Langer. Doch der Meister kommt in die Jahre, die Jugend sucht andere Vorbilder. Ist ein neuer Langer schon in Sicht? "Nein", sagt Stefan Quirmbach kategorisch. Als langjähriger Landestrainer von Berlin-Brandenburg kann der heutige Präsident der PGA of Germany, der Vereinigung der Berufsgolfer, sowohl die Seite der Amateur-Entwicklung als auch die Situation bei den Profis genau beurteilen.

"Die Förderung des Deutschen Golf-Verbands und der Landesverbände ist nicht auf eine Profilaufbahn ausgerichtet, sondern lediglich auf Höhepunkte polarisiert", begründet er und vergleicht das mit dem auf Olympische Spiele oder Weltmeisterschaften ausgerichteten Modus anderer Sportarten. Das Trainingssystem in Deutschland sei sicher führend in Europa. Aber: "Für einen jungen Spieler hier ist es das Ziel, in den Kader zu kommen. Wenn er das geschafft hat, wird er umsorgt und gehütet, doch der Sprung in eine neue Qualität bleibt aus", bedauert Stefan Quirmbach und sieht bei anderen Nationen wie England, Schweden oder gar den USA eine schnellere und vor allem individuellere Entwicklung.

"Bei uns ist eine Nationalmannschaft ein festes Gefüge, dort ändert sich die Zusammensetzung dauernd." Deshalb haben es deutsche Jung-Profis schwer, auf der Tour Fuß zu fassen. Statt auf einen oder zwei Höhepunkte des Jahres hin zu arbeiten, müssen sie plötzlich Woche für Woche ihre Chance suchen. Diesem Dauerdruck können sie gar nicht gewachsen sein, weil er für die Amateure nie gefordert, ja nicht einmal simuliert wurde. "Da würde nur eines helfen: spielen, spielen, spielen, denn das müssen die Profis dann tun, und zwar erfolgreich. Sie verdienen schließlich ihren Lebensunterhalt mit dem erfolgreichen Spiel", erläutert Quirmbach den Unterschied zu den vom Verband finanziell rundum abgesicherten Amateuren aus dem Kader der Nationalmannschaft. Ein weiterer Grund liegt in der Struktur der Clubs. "Nur eine institutionalisierte Förderung würde uns hier weiterhelfen. Jedes Jahr fangen pro Club 20 Kinder neu an zu spielen. Jahr für Jahr. Der Erfolg wäre garantiert. Aber wer will das? Die Club-Mitglieder? Stellen Sie sich vor, die Kinder lärmen im Training auf der Driving Range. Frau Sowieso, die viel Beitrag zahlt, möchte aber in Ruhe abschlagen. Die Schere kriegen Sie nie zu. In anderen Sportarten ist das so. Nehmen wir den Fußball. Irgendwann kommen dann gute Spieler oben an." Wieder führt Stefan Quirmbach das schwedische Beispiel an, wo in jedem Club 25 Prozent der Mitglieder Kinder sein müssen. Und das laut Statut!

Im Wege steht der gut gemeinten Förderung, wie die "Abschlag-Schule" oder ähnliche Aktionen, dass "die Kinder, die dann beim Golf hängenbleiben, aus privilegiertem Elternhaus stammen. Da fehlt dann der letzte Druck von innen. Zum Talent müssen andere Sachen kommen: Arbeit, Ernährung, Fleiß. Wenn ich nicht unbedingt muss, warum soll ich zwei Stunden im kalten Regen Bälle abschlagen und hinterher auch noch einsammeln? Aber so schult man den Charakter und die Willenskraft. Aber wenn ich satt und zufrieden bin, werde ich diese Hürde kaum überspringen", sagt Quirmbach.

So und nicht anders hat aber Bernhard Langer selbst den Grundstein gelegt und ist aus einfachen familiären Verhältnissen durch seine sportliche Leistung zum Superstar aufgestiegen. Dass eines Tages doch der Sohn des Briefträgers zum sportlichen Club-Idol wird, hält der ehemalige Landestrainer auch für ausgeschlossen. "Machen wir uns doch nichts vor: Die Hemmschwelle ist doch riesengroß", weiß Quirmbach aus eigenem Erleben auf seiner idyllischen Anlage in Semlin am See zu beurteilen. "Kinder, deren Eltern nicht im Klubhaus verkehren, fühlen sich hier einfach nicht wohl", daher sieht er in dem ganzen Gerede von der Öffnung der Klubs für jedermann keinen realen Hintergrund. "Wir werden in Deutschland keinen neuen Bernhard Langer bekommen", legt sich Stefan Quirmbach kategorisch fest. Weil man aber nie nie sagen sollte, macht er eine kleine Einschränkung: "Jedenfalls wird es keinen geben, den das System unseres Golf-Verbandes hervorbringt. Wenn, dann ist es ein Individualist, der neben der Förderung auftaucht." So wie einst Bernhard Langer.

Hans Moritz

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